Von Anna Durst
Götz W. Werner: Wirbt für sein Modell einer völlig anderen Einkommensstruktur. Foto: dm-drogerie markt
Werner trifft in der Bibliothek ein, in Begleitung von Florian Ditges, Lehrbeauftragter im Studiengang Technikjournalismus und Moderator des heutigen Abends. Als er mich sieht, freut er sich: „Ah, die Presse ist auch gekommen!“ So kann ich mich auch direkt Götz W. Werner vorstellen. Der drückt mir gleich eine Pressemitteilung in die Hand, die ich „als Journalistin bestimmt gebrauchen kann“.
Dann treffen die ersten Besucher ein. Darunter regionale Politiker wie der Bürgermeister Bert Spilles aus Meckenheim, aus Rheinbach Bürgermeister Stefan Raetz und die Kreistagsabgeordnete Ute Krupp. Da es in der Bibliothek viel zu warm ist und ohnehin zu eng für den Menschenandrang, wird der Dialog im klimatisierten Hörsaal stattfinden.
Der Mann hinter dem Buch
Um 19:34 Uhr beginnt Florian Ditges mit einleitenden Worten. Er erzählt, dass Werner Vater von sieben Kindern ist und die Familie bis heute noch keinen Computer oder Fernseher zu Hause hat. Denn unter Luxus verstehe der dm-Gründer, die heutigen „alltäglichen“ Dinge nicht zu besitzen. Andere Aktivitäten, wie Sport im Verein oder das Erlernen eines Instruments, seien viel kostspieliger und zeitaufwändiger, als Kinder vor der Glotze zu parken.
Einkommen als Bürgerrecht
Einkommen sei ein Bürgerrecht, Vollbeschäftigung eine Illusion, sagt Götz W. Werner und fordert, Arbeit und Einkommen künftig zu trennen. Seine Vision: ein bedingungsloses Grundeinkommen, das jedem Bürger zusteht und hoch genug ist, seine Existenz zu sichern. Im Ausgleich fallen bei seinem Modell einkommensbasierte Steuern weg, dafür gibt es eine 50-prozentige Mehrwertsteuer.
„Die meisten haben einen Einkommensplatz statt eines Arbeitsplatzes“, kritisiert Werner die heutige Arbeitssituation. Das, was im Volksmund heute als Einkommen bezeichnet werde, sei nichts weiter als ein Auskommen, das gerade so die Ausgaben decke, präzisiert Werner. Wenn jeder Bürger ein gesichertes Grundeinkommen habe, könne man sich darüber hinaus sinnvoll in die Wirtschaft integrieren, statt unmotiviert einer Arbeit nachzugehen, die einem gar keine Freude bereite.
Todsicherer Tipp
Werner hält Hartz IV für einen „offenen Strafvollzug“ und schlägt dem zunächst raunenden Publikum vor, doch einmal ein Hartz-IV-Praktikum zu machen. Mit diesen und ähnlichen Aussagen gewinnt er die Besucher schließlich für sich. Besonders, als Götz W. Werner für sein Buch wirbt: „Mein Buch kostet 8,95 Euro – wenn Sie es Ihren Partner lesen lassen, haben Sie automatisch 50 Prozent Rabatt.“
Kurz bevor der Dialog endet und die zahlreichen Fragen zum Teil philosophisch beantwortet sind, empfiehlt Werner noch: „Bevor Langeweile in einer Gesprächsrunde aufkommt, hier ein todsicherer Tipp: Das bedingungslose Grundeinkommen sorgt immer für Gesprächsstoff.“
Artikel vom 12.08.2009
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