Das Interview führte Christian Honnef
Hochschulpräsident Hartmut Ihne gratuliert seiner neuen Amtskollegin der FH Düsseldorf mit einem Blumenstrauß. Foto: Eva Tritschler
doppelpunkt: Wie sieht Ihre bisherige Karriere aus?
Brigitte Grass: Nach meinem Abitur habe ich an der Universität zu Köln zwei Studiengänge absolviert: Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftspädagogik. Während der anschließenden Assistentenzeit in Köln war ich in ein Forschungsprojekt eingebunden und konnte dazu parallel promovieren. Meine Praxisphase habe ich bei der Boston Consulting Group in Düsseldorf absolviert. 1986 wurde ich als Professorin an die FH Köln berufen. Von 1995 bis 2001 war ich als Gründungsdekanin an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg tätig und habe den Fachbereich Wirtschaft Rheinbach mit aufgebaut. Seit 2003 bin ich als Gleichstellungsbeauftragte der Hochschule und Professorin für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Unternehmensführung tätig.
doppelpunkt: Was erwarten Sie von Ihrer Präsidentenkür?
Brigitte Grass: Es ist für mich eine ganz neue und sehr spannende Herausforderung, die es erlaubt, mein Wissen und meine bisherigen Erfahrungen einzubringen. Meine Kinder studieren und sind aus dem Haus, und ich kann mich jetzt auf diese anspruchsvolle Aufgabe voll konzentrieren. Die FH Düsseldorf hat 7000 Studierende und ist damit um einiges größer als die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg.
Als interessante Herausforderung kommt die Planung des Neubaus in Düsseldorf hinzu. Ich konnte bereits Erfahrungen mit Bauplanungen im Rahmen des Neubaus des Fachbereiches Wirtschaft sammeln. Ich war an dieser Hochschule im Senat und Fachbereichsrat, kenne die Arbeit der Dekanatsleitung und habe als Gleichstellungsbeauftragte an Präsidiums- und Hochschulratssitzungen teilgenommen. Die Wahl zur Präsidentin der FH Düsseldorf gibt mir die Möglichkeit, diese vielseitigen Erfahrungen konstruktiv einzusetzen und gestalterisch für den Aufbau der FH Düsseldorf umzusetzen.
doppelpunkt: Welche Schwerpunkte wollen Sie als Präsidentin setzen?
Brigitte Grass: Ich will drei Schwerpunkte setzen. Im Bereich Lehre, Studium und Internationalität stehen die Überprüfung bestehender Studiengänge und die Entwicklung von neuen Studiengängen an. Die bestehenden Bachelorstudiengänge müssen auf Employability, Studierbarkeit in der Regelstudienzeit und Attraktivität für die Studienanfängerinnen und Studienanfänger untersucht werden. Es ist auch zu überprüfen, ob nicht Double-Degree-Abschlüsse eingeführt werden können.
Die FH Düsseldorf verfügt mit den sieben bestehenden Fachbereichen, darunter Architektur, Design oder Medieninformatik über eine breite Vielfalt, so dass durch interdisziplinäre Zusammenarbeit, die in Düsseldorf schon lange betrieben wird, genügend Potenzial für den weiteren Ausbau besteht.
Als zweiten Schwerpunkt sehe ich den Aufbau von Forschung und Transfer an, denn in diesem Bereich stehen die Düsseldorfer noch ganz am Anfang. Und der dritte Schwerpunkt ist die Drittmitteleinwerbung: zum Beispiel durch die Einführung von Weiterbildungsangeboten, durch Fundraising und den Alumniclub.
doppelpunkt: Welche Eindrücke und Erfahrungen können Sie von der Hchschule Bonn-Rhein-Sieg an die FH Düsseldorf mitnehmen?
Brigitte Grass: Ich habe jetzt erst mal die Funktionsweise von allen Gremien kennengelernt. Und ich habe auch die Aufbruchstimmung kennengelernt, wenn man etwas neu gestaltet. Da kann man viele Sachen ganz anders machen und auch andere Schwerpunkte setzen. Diese Aufbruchstimmung „Sachen mal anders zu machen“ als andere Hochschulen, würde ich gern nach Düsseldorf übertragen.
dooppelpunkt: Stichwort Hochschulpolitik: Was halten Sie von den neuen Bachelor- und Masterstudiengängen?
Brigitte Grass: Man sollte nicht mehr darüber nachdenken, ob die Umstellung sinnvoll war oder nicht. Es macht mehr Sinn, die Kräfte für die Anpassung der Bachelor- und Masterstudiengänge an die bestehenden Anforderungen in unserem Lande zu verwenden. Beim Umbau vom Diplom zum Bachelor ist nicht alles reibungslos verlaufen, deshalb gab es auch die Proteste von Seiten der Studierenden. Die Verschulung des Studiums, die hohen Zeit- und Leistungsanforderungen in einem engen Zeitfenster verschärfen die finanzielle Situation, weil die Studierenden nebenher ihr Studium teilweise selbst finanzieren müssen. Daher begrüße ich auch das Stipendienprogramm im Land NRW. Aber dies ist nur ein erster Schritt. Die Bachelor- und Masterstudiengänge in ihrer aktuellen Form sollten auf den Prüfstand. Die Anzahl der Semester und die Anpassung der Inhalte sind zwei Parameter, die die Problematik entschärfen können.
doppelpunkt: Wie stehen Sie zum Thema Studienbeiträge?
Brigitte Grass: Ich bin eine Verfechterin von Studienbeiträgen. Die angespannte Finanzlage der öffentlichen Hand und die vielfältigen Möglichkeiten, die Qualität des Studiums durch zusätzliche Angebote zu verbessern, sind für mich zwei Argumente. Im internationalen Umfeld sind Studienbeiträge ebenfalls üblich. Studienbeiträge, wenn sie richtig eingesetzt werden, sind eine sinnvolle Investition der Studierenden in ihre eigene Zukunft. Davon bin ich als Mutter von zwei studierenden Kindern überzeugt.
doppelpunkt: Was erhoffen Sie sich, wenn sie nach sechs Jahren an die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg zurückkehren?
Brigitte Grass: Ja, ich muss mal sehen, ob ich zurückkehre. Ich habe die Option, für weitere vier Jahre gewählt zu werden. Dann wäre ich pensioniert. Ansonsten kehre ich nach sechs Jahren automatisch an die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg zurück. Dann muss ich sehen, was ich mache. Das ist aber noch so lang hin, da habe ich mir heute noch keine Gedanken gemacht (lacht).
Die Fragen stellte Christian Honnef.
Artikel vom 15.09.2009
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