Von Verena Scheuer
Seit acht Jahren ist er in Köln stationiert und hat die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg nicht nur wegen ihrer Nähe zum Arbeitsplatz schätzen gelernt: „Es ist wirklich eine tolle Hochschule: Tolles Klima, motivierte junge Menschen und tolle Professoren, von denen ich hervorragende Unterstützung erhalten habe, wenn es mal Engpässe gab. Das war phantastisch, ehrlich!“, sagt Niederl.
Von München nach Sankt Augustin
Zeitliche Engpässe durch die Doppelbelastung waren auch der Grund, aus dem der gebürtige Münchner sein Studium an der TU in seiner Heimatstadt nach zwei Semestern abgebrochen hat – die Distanz zum Kölner Flughafen zu überbrücken, war einfach zu anstrengend. Außerdem habe er sich in der Universität mit mehr als 1000 Studierenden im Hörsaal oft „wie im Staatstheater“ gefühlt, während hier an der Hochschule alles überschaubar und straff organisiert sei. So sei zwar Sensorik am späten Freitagnachmittag manchmal eine richtige Qual gewesen, erinnert sich Niederl lachend, aber er sei doch zufrieden mit seiner Wahl.
Traumberuf aus Kindertagen
Pilot war schon immer Josef Niederls Traumberuf. Nach einer Mechanikerausbildung absolvierte er eine fliegerische Ausbildung bei der Bundeswehr. Während der fünf Jahre, die er anschließend als Fluglotse arbeitete, machte er dann die Zivilfluglizenzen. Seit nunmehr 15 Jahren arbeitet er als Pilot.
Die Entscheidung, noch mal zu studieren, traf Niederl aus seinem Grundinteresse an Naturwissenschaften, dem Spaß am Lernen und um neue Erfahrungen zu sammeln. Der Rollenwechsel vom Chef im Flugzeug zu einem Studenten unter vielen macht ihm nichts aus: „Nein, ich genieße das. Endlich steht man mal nicht im Mittelpunkt, wenn was schiefgeht.“
Studieren als Hobby
Viel Zeit blieb Niederl neben Studium und Arbeit nicht, weswegen er auch das Studieren als sein einziges Hobby nennt. Längerfristig planen kann er nämlich nicht, jeden Monat bekommt er seinen neuen Dienstplan, in dem dann alle Diensttage verplant sind und das Sozialleben drum herum arrangiert werden muss. So kommt es vor, dass er zwar mal am Wochenende, aber auch mal an Wochentagen fliegt und dann Vorlesungen nicht besuchen kann. Ob seine Frau ihn dann überhaupt mal zu sehen kriegt? „Ja, schon. Und sie hat ja selbst studiert und am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt promoviert; sie hat also Verständnis für das, was ich tue“, erwidert Niederl.
Zukunftspläne
Sein letzter offizieller Termin an der Hochschule war die Absolventenfeier am 24. Oktober 2009, nun hat er sein Studium erfolgreich beendet – doch das soll nicht sein letzter Studienabschluss bleiben: An der TU Darmstadt beginnt er demnächst den Masterstudiengang „Traffic and Transport“ mit dem Schwerpunkt Luftverkehr.
An seinem Doppelleben wird sich aber auch in nächster Zeit nichts ändern. So hat man auch weiterhin gute Chancen, dass Josef Niederl am Steuerknüppel sitzt, wenn es heißt: „Hier spricht der Kapitän.“
Artikel vom 03.03.2010
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