Ganz ohne Tierversuche geht es nicht
Von Jana Müller
Schon seit mehreren Jahren wird nach möglichen Alternativen für Tierversuche, welche im Rahmen der Wissenschaft und Forschung eingesetzt werden, gesucht. Bis jetzt lassen sich Tierversuche nur teilweise ersetzten, sind jedoch noch nicht ganzheitlich wegzudenken. Allerdings lassen sich einige vielversprechende Alternativen aufzählen, welche eine gewisse Entlastung erbringen.

Tierversuche nein danke: Tierversuchsfreie Methoden sind oft günstiger und weniger zeitaufwendig
Tierversuche sind schon seit Jahrzehnten umstritten und führen immer wieder zu ethischen Debatten. Wissenschaftler untersuchen nicht nur, wie lebende Organismen funktionieren und wie sie sich an Umweltbedingungen anpassen, sondern auch wie Krankheiten den Körper angreifen. Daher kommt es in der biomedizinischen Forschung zum Einsatz von Tierversuchen an Wirbeltieren, die als Modellorganismen für menschliche Krankheiten dienen. Doch rechtfertigt dies Tierversuche? Sind Schmerzen und Schäden vertretbar, die anderen Lebewesen zugefügt werden? Und sind die Interessen und Bedürfnisse der Menschen höher zu bewerten als die von Tieren?
Die drei R
Das Tierschutzgesetz gibt dem Menschen ein grundsätzliches Recht, über Tiere zu verfügen, dass bedeutet jedoch nicht, dass er eine grenzenlose Verfügungsgewalt über sie besitzt. Das Gesetz verpflichtet den Menschen, das Leben und Wohlergehen der Tiere zu schützen. Tierschutzregelungen wie die drei Rs – Re-place, Reduce & Refine (Vermeiden, Verringern und Verbessern) – sind gesetzlich vorgeschriebene Voraussetzungen für ein Forschungsprojekt. Die Forscher sind so verpflichtet, sofern möglich auf Alternativen zurückzugreifen, die Anzahl an Tierversuchen zu reduzieren oder aber die Versuchstechniken zu verbessern, um mögliches Leiden zu verringern. Außerdem muss bewiesen werden, dass der Nutzen eines Forschungsprojekts das mögliche Leid des Tieres ethisch rechtfertigt. Tierversuche dürfen außerdem nur in entsprechend ausgestatteten Gebäuden, mit qualifiziertem Personal und Tierärzten zur Betreuung der Tiere vollzogen werden, was dazu führt, dass tierversuchsfreie Methoden im Einzelfall sogar günstiger und weniger zeitaufwendig sind.
Mögliche Alternativen
Alternativen sind beispielsweise Computersimulationen. Sie bieten die Möglichkeit, viele Daten miteinander zu vernetzen und komplexe Vorgängen im menschlichen Körper zu simulieren. Computersimulationen sind bei der Neuentwicklung von Medikamenten nützlich, um Eigenschaften von neuen Substanzen vorherzusagen und die vielversprechendsten davon herauszufiltern. Allerdings sind Simulationen nur so gut wie die Daten, die ins System eingespeist werden und die stammen ursprünglich auch aus Tierversuchen.
Eine andere Alternative ist die Mikrodosierung. Sie wird eingesetzt, um zu ermitteln wie sich eine bestimmte Substanz im menschlichen Körper verteilt. Dabei werden nur sehr geringe Dosen einer Substanz verabreicht. So können sogenannte Toxizitätstests an Tieren vermieden werden. Bevor erfolgversprechende Substanzen als Medikament zugelassen werden, müssen sie jedoch trotzdem an Tieren erprobt werden, da sonst keine sicheren Belege für die Giftigkeit höherer Dosen existieren. Auch In-vitro-Tests können Tierversuche ersetzen. Dies sind Tests, die außerhalb eines Organismus durchgeführt werden, beispielsweise in Reagenzgläsern oder Petrischalen. Auch Zell- und Gewebetechniken sowie zellfreie Methoden zählen dazu. Durch die Kultivierung von tierischen oder menschlichen Zellen im Labor können Zellkulturen möglichst ähnlich derer im menschlichen Körper untersucht werden. Komplexe Konstrukte wie Herzgewebe, Blutgefäße und komplette Organe können sogar als dreidimensional wachsende Zellkulturen nachgebaut werden.
Bei der Entwicklung von Medikamenten kommt es jedoch auf die Interaktion zwischen mehreren Organen an, um die Effekte auf den ganzen Körper untersuchen zu können. Dies ist entscheidend um potenzielle Risiken und gefährliche Nebenwirkungen zu vermeiden, was letztlich nur aus Erkenntnissen von Tierversuchen hervorgeht.
Trotz dieser erfolgversprechenden alternativen Methoden können heute nicht alle Tierversuche in der biomedizinischen Forschung ersetzt werden.
Weiterführende Links
Versuchstiere schützen und Tierversuche ersetzen
Was sind die „Alternativen“ zu Tierversuchen?
EFSA-Gremium für Tiergesundheit und Tierschutz
Artikel vom 28.06.2021
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