Von Konstantin Zurawski
Gründungsrektor Wulf Fischer: „Die Grundidee des Hochschulfreiheitsgesetzes ist durchaus positiv“. Foto: Stefan Teuber
"Wir wollen durch ein klares Bekenntnis zu Wettbewerb und Evaluierung Anreize zu Spitzenleistungen setzen“, sagt Wissenschaftsminister Pinkwart, „wir verabschieden uns vom staatlichen Dirigismus und setzen auf eine Kultur des Vertrauens.“ Durch das Hochschulfreiheitsgesetz sollen die 26 Hochschulen in Nordrhein-Westfalen mehr Verantwortung bekommen und im Wettbewerb zueinander stehen. So sind die Hochschulen dann keine staatlichen Einrichtungen mehr, sondern Körperschaften des öffentlichen Rechts und können selbst über angebotene Studienfächer, Personal und Finanzen entscheiden.
Leistungsabhängige Finanzierung
Die Finanzierung der Hochschulen soll grundsätzlich Aufgabe des Landes bleiben, aber künftig noch leistungsabhängiger sein. Je kürzer die Studiendauer der Studierenden ist, desto mehr Geld bekommt die Hochschule vom Land. Schon jetzt können die Hochschulen mit ihrem Etat weitgehend selbst wirtschaften und Rücklagen bilden. Das Hochschulfreiheitsgesetz ermöglicht ihnen, Unternehmen zu gründen oder sich an Unternehmen zu beteiligen, sofern ein Wissenschaftsbezug gewährleistet ist. „Die moderne Hochschule muss eigenverantwortlich auf den Zukunftsmärkten agieren können“, so Pinkwart.
Zielvereinbarungen sichern vielfältiges Angebot
Zur geplanten Autonomie der Hochschulen gehört auch die Personalverwaltung. So können die Universitäten und Fachhochschulen zukünftig selbst über die Einstellung von Professoren, wissenschaftlichen Mitarbeitern und Verwaltungsangestellten entscheiden. Weiterhin wird ihnen freigestellt, ganze Studiengänge zu streichen. Über Zielvereinbarungen mit den Hochschulen will Pinkwart aber sicherstellen, dass ein vielfältiges Angebot an Studiengängen in Nordrhein-Westfalen erhalten bleibt. Professor Wulf Fischer, Gründungsrektor der Fachhochschule (FH) Bonn-Rhein-Sieg, sowie der Kanzler der FH Hans Stender begrüßen die Grundidee des geplanten Gesetzes. „Die Hochschulen haben immer mehr Verantwortung und Freiheit gefordert“, sagt Fischer, „diese Freiheit bekommen sie jetzt“. Hans Stender sieht im Hochschulfreiheitsgesetz eine Chance, „die es zu nutzen gilt“. So hänge es maßgeblich von den Hochschulen ab, was sie in Zukunft aus dem Gesetz machen.
Hochschulen agieren mehr wie Unternehmen
SPD-Hochschulexperte Karl Schultheis kritisiert das Gesetz: „Die Hochschulen müssen sich demnächst alleine um die wirtschaftliche Verwertbarkeit ihres Wissens kümmern.“ Hans Stender sieht dagegen viele Kritikpunkte am Gesetz als unbegründete Angst. „Das Hochschulfreiheitsgesetz wird dazu beitragen, dass Hochschulen weniger wie Behörden und mehr wie Unternehmen agieren. Deshalb werden sie aber noch lange nicht zu Unternehmen mit dem Ziel, Gewinne einzufahren“, so Stender. So blieben die Aufgaben der Hochschulen in Lehre und Forschung. „Universitäten und Fachhochschulen haben eine Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft und den Studierenden“, erklärt Fischer, „und diese Verpflichtung ist es, den Studierenden so gute Studienbedingungen wie möglich zu bieten.“
FH Bonn-Rhein-Sieg hat es leichter
Die Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg hat es laut Fischer leichter als andere Hochschulen, das Hochschulfreiheitsgesetz umzusetzen. „Unsere Hochschule ist noch jung, da wird die Akzeptanz für neue Zuständigkeiten etwas größer sein“, behauptet Fischer. Die FH Bonn-Rhein-Sieg nimmt außerdem an einem Modellversuch teil, ihre Gebäude selbst zu verwalten. So bekommt die FH das Eigentum an den Gebäuden übertragen und ist für Erhalt und Renovierung verantwortlich. „Ziel muss es sein, unsere Fachhochschule in einem solch guten Zustand zu halten“, sagt Fischer.
Artikel vom 10.07.2006
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