Von Philipp Lomme
Professor Manfred Kaul, Vizepräsident der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, fordert zusätliche Mittel aus dem Hochschulpakt Foto: Jörg Heupel
Dafür läuft seit 2007 bundesweit der Hochschulpakt 2020, den Bund und Länder gemeinsam aufgelegt haben. Der Pakt soll „die Hochschulen für eine erhöhte Zahl von Studienanfängern offen halten“, so das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
Die Zahl der Studierenden steigt
Für die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg heißt das: Für jede zusätzliche Studienanfängerin fließen aktuell 20.000 Euro Prämie an die Hochschule. Als Vergleichsjahr gibt der Hochschulpakt dabei das Studienjahr 2005 vor. Im Klartext: 2005 haben knapp 1200 Studierende hier ihr Studium gestartet. Im Jahr 2011 waren es rund 1700 Neulinge – im Vergleich zu 2005 also 500 zusätzliche Studienanfänger. Ausgenommen von der Prämie sind dabei diejenigen, die vorher schon an einer anderen Hochschule oder Universität eingeschrieben waren.
Finanzierungslücke bei den technischen Fächern
Professor Manfred Kaul kritisiert, „dass das Geld vom Hochschulpakt zu wenig ist. Der Hochschulpakt differenziert nicht zwischen den technischen Studienfächern und den klassischen ,Buch-Fächern‘“. Laborausstattungen, PC-Arbeitsplätze und technische Software – das alles koste Geld. 20.000 Euro seien für die Wirtschaftswissenschaften schon zu wenig. In laborintensiven Fächern reiche das Geld erst recht nicht.
Hochschulen haben eine gesellschaftliche Verantwortung
Giacomo Zucca studiert im zweiten Semester Technikjournalismus/PR und beklagt den Ansturm auf die Hochschule. „Wenn es weiterhin einen so großen Zuwachs bei uns gibt, dann wird das unseren Studiengang kaputt machen“, so Zucca, „es müsste gleichzeitig in die Infrastruktur investiert und zusätzliches Lehrpersonal ein gestellt werden – und da passiert meines Erachtens zu wenig.“ Zuccas Jahrgang startete im ersten Semester mit 112 Studierenden; knapp 40 mehr als im Jahr zuvor. Professor Kaul kennt das Problem nur zu genau: „Wir können natürlich nur das Geld ausgeben, das wir vom Land bekommen. Mit den 20.000 Euro sind zum Beispiel keine neuen Räume vorgesehen oder finanzierbar. So schnell wie möglich werden jedoch neue Professuren besetzt und neue Mitarbeiter eingestellt. Die Hochschule setzt dies bereits um. Natürlich will auch die Hochschulleitung mehr Geld für mehr Personal und Räume.“ Alle Hochschulen hätten jedoch auch eine gesellschaftliche Verantwortung, ausreichend Studienplätze zur Verfügung zu stellen, so Kaul weiter.
Eine gesetzliche Vorschrift, dass die Hochschule eine feste Anzahl Studierender annehmen muss, gibt es nicht. Das Land hat aber – neben der Prämie – eine zweite Möglichkeit, auf die Zahl der Studienanfänger Einfluss zu nehmen: Die Hochschulen können nicht eigenmächtig einen Numerus Clausus (NC) einführen und damit die Zahl der Studienplätze beschränken – ein NC muss vom Land genehmigt wer den. „Wir können also nicht einfach eigenständig einen NC einführen und damit unsere Türen verschließen“, so Kaul.
Technikjournalismus-Student Giacomo Zucca wünscht sich hingegen, dass seine Nachfolger – die nächsten Erstsemester – wie der mit weniger Studierenden an den Start gehen können; nicht nur wegen der besseren Studienbedingungen, sondern auch wegen der Konkurrenzsituation auf dem Arbeitsmarkt: „Wir studieren nunmal ein Nischenfach. Da fallen die Jobs nicht vom Himmel.“
Artikel vom 12.10.2012
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