Auslandsstudium an der UC Davis. Ein Erfahrungsbericht über die ersten Wochen
von Jakob Lorek, Maja Beltz, Sebastian Quaisser und Andreas Soika
Dieser Bericht soll alle ermutigen, den Schritt zu wagen und – wie wir – wertvolle Erfahrungen fern von Heimat, Familie und Freunden zu sammeln. Wir berichten vom Praxissemester an der University of California in Davis und geben Tipps für die Orientierung am Campus, Einblicke in den Unialltag und sagen, was schon zu Hause erledigt werden sollte, bevor man in den Flieger nach Kalifornien steigt.

Sightseeing gehört beim Auslandssemester unbedingt dazu. Die EMT-Studierenden Sebastian Quaisser, Andreas Soika, Maja Beltz und Jakob Lorek (von links) raten jedem zu dieser Erfahrung. Foto: privat
Wir sind die ersten Studierenden, die nach dem Abschluss der Partnerschaftsvertrages mit der University of California, Campus Davis, dort ein Praxissemester angetreten haben. Seit Oktober 2018 sind wir nun hier und in den ersten vier Wochen wurde klar: Man lernt sich selbst besser kennen und wächst an seinen Aufgaben und Problemen. Zudem ist es ein tolles Gefühl, die gelernten Studieninhalte in einer fremden Sprache auf einem eventuell anderen Ingenieursgebiet anzuwenden und neue Inhalte, praktisch sowie theoretisch, zu lernen.
Viel Spaß beim Lesen und viel Erfolg in Kalifornien!
Ankunft und Orientierung in DavisDie Ankunft in Kalifornien erfolgte nach knapp zehnstündigem Flug am Internationalen Airport von San Francisco um etwa 15 Uhr Pacific Time, neun Stunden hinter der deutschen Zeit zurück. Recht geschafft und geplagt vom langen Flug mussten wir leider feststellen, dass unsere Koffer während des Zwischenstopps in Dublin nicht richtig umgeladen wurden und wir nun ohne jegliches Gepäck in San Francisco gestrandet waren.
Deshalb empfiehlt es sich, für den Notfall eine Kleidungsmontur in das Handgepäck zu packen, um für den schlimmsten Fall gewappnet zu sein.
Nach Rücksprache mit dem Customer-Service von Aer-Lingus wurde das Gepäck, das noch in Dublin stand, in ein Flugzeug gepackt, das am nächsten Tag ankommen sollte. Als wir es mit über 24 Stunden Verspätung bekamen, waren wir die erste Sorge los.
Im Nachhinein betrachtet, ist es sinnvoll darauf zu achten, dass bei einem Umstieg eine ausreichend angesetzte
Umsteigezeit eingeplant wird, damit jeder Koffer auch das Umladen in den nächsten Flieger schafft. In unserem Falle war die Zeit dafür in Dublin mit einer Stunde sehr knapp bemessen, zumal man dort auch noch mit einem US-Officer in der Preclearance Area sprechen muss, um den Stempel auf dem Visum zu bekommen. Die
Preclearance wurde vor kurzem in Dublin eingeführt, um die Einreise in die USA zu erleichtern. Man gilt ab da schon als eingereist.
Reise nach Davis Der
einfachste Weg vom Flughafen San Francisco in das knapp 128 Kilometer entfernte Davis lässt sich mit einem gecharterten Shuttle bewältigen. Es kostet pro Person rund 80 US-Dollar und fährt direkt am Terminal ab. Der Vorteil ist, dass das Shuttle seine Passagiere zu einer beliebigen Adresse in Davis oder Umgebung bringt und keine zusätzliche Taxifahrt anfällt.
Eine
weitaus günstigere, wenn auch zeitlich längere Alternative ist die Fahrt mit dem Amtrak-Zug. Die Amtrak-Linie ist eine groß ausgebaute Zugverbindung quer durch Kalifornien, die die meisten Großstädte miteinander verbindet. Dafür muss man zunächst vom Flughafen mit einem BART-Zug über die Bay-Bridge an Oakland vorbei nach Richmond, um dort in den größeren Amtrak umzusteigen. Nach knapp zweistündiger Fahr hält er in Davis. Mit einem Bus der Unitrans lässt sich ab hier fast jeder Ort in Davis leicht erreichen.
Muir Beach im Hintergrund. Vor dem ersten Ausflug gibt es einiges zu organisieren.
Housing und KommunikationEs gibt einige wichtige Dinge zu beachten, bevor man sich in die Staaten aufmacht:
Dazu gehört eine
amerikanische Sim-Karte (Prepaid-Karte). Es ist extrem wichtig, sich nach Ankunft bei Fragen oder Unsicherheit telefonisch Hilfe zu besorgen. Zudem hat man mit seiner Sim-Karte eine LTE-Verbindung und kann somit, falls vorhanden, sich deutlich leichter nach der Ankunft in Davis orientieren.
Außerdem ist es sinnvoll, dass vor der Abreise die
Wohnungssituation für wenigstens die ersten vier Wochen geklärt ist. Allerdings braucht man dafür ein wenig Glück, da im August/September der Semesterstart an der UC Davis ansteht und viele Neulinge eine Bleibe suchen.
Mietverträge für Appartements oder Zimmer werden sehr häufig für ein Jahr abgeschlossen, war für Studierende, die nur ein Semester bleiben, nicht in Frage kommt. Außerdem vermieten viele Anbieter lieber an US-Amerikaner, eine US-amerikanische Handynummer wird sowieso gefordert.
Hilfreiche
Internetseiten sind zum Beispiel:
Community Housing List der Associated Students of UCDLocal Homestay Agency for UC Davis and International Extension CenterWebsite von AirbnbÜber
Airbnb kann ein ganzes Haus für einen längeren Zeitraum gemietet werden, die Preise variieren und liegen zwischen 2800 und 3200 Euro für vier Personen.
Eine Alternative dazu ist die Unterbringung in einer
Gastfamilie. Die Amerikaner sind ein unheimlich gastfreundliches Volk, das sich gerne mit Menschen von weit her unterhält. Es ist eine sehr gute Möglichkeit, um den amerikanischen Lebensstil hautnah zu erfahren und neue Eindrücke zu gewinnen und sei hier ausdrücklich empfohlen. Preislich gesehen ist diese Unterbringung auch die günstigste Lösung, da man zwischen zwei oder drei Gerichten pro Tag wählen kann, die die Familie zubereitet.
Ein Monat in der Gastfamilie mit zwei Essen pro Tag kostet um die 850 US-Dollar, fast so viel wie die Miete eines Zimmers in einer WG – wohlgemerkt dann ohne Verpflegung! Mit einer einmaligen Bearbeitungsgebühr von etwa 350 US-Dollar für einen Zeitraum von über zehn Wochen kommt man somit auf etwa 900 bis 950 US-Dollar. Außerdem muss man nicht darüber nachdenken, was man kochen möchte und dafür einkaufen muss.
Allgemein sind die
Mietpreise in Kalifornien und besonders in Davis sehr hoch. Das liegt hauptsächlich daran, dass Davis trotz einer Entfernung von 120 Kilometern im Einzugsbereich der Bay Area liegt, und mit Sacramento, der Hauptstadt Kaliforniens, eine weitere Großstadt nur 20 Minuten entfernt liegt.
Verpflegung in DavisDavis bietet eine Vielzahl an Einkaufsmöglichen: Es befinden sich mehrere große
Supermärkte in der Stadt, teilweise haben sie die ganze Woche rund um die Uhr geöffnet. Ein Einkauf um Mitternacht ist also kein Problem, und man bekommt fast alles Nötige.
Gesundes Essen, wie Obst und Gemüse, ist im Vergleich zu Deutschland allerdings sehr teuer. Umgerechnet fünf Euro für einen fertigen Salat ist keine Seltenheit. Dagegen sind Süßigkeiten und vor allem süße Getränke sehr günstig.
Des Weiteren ist
Fast Food sehr gängig und bei Amerikanern äußerst beliebt. Oft ist dies die günstigere Variante zu gesundem Essen. Besonders in Downtown Davis befinden sich zudem viele Restaurants für jeden Geschmack. Aufgrund des hohen Chlorgehaltes des Leitungswassers raten wir dazu, dies nicht zu trinken und stattdessen
Wasser zu kaufen.
Campusleben und ArbeitDer Campus der UC Davis erstreckt sich über ein sehr großes Areal und ist für jeglichen Autoverkehr verboten. Dafür ist die Zahl an Fahrrädern immens hoch, was jederzeit ein wachsames Auge erfordert.

Die
Busse der Unitrans, die am UC Silo und der Memorial Union abfahren, fahren durch ganz Davis, die Fahrer sind Studierende. Es ist sehr einfach, jeden Punkt der Stadt mit dem Bus zu erreichen.
Ein
Fahrrad ist aber unbedingt empfehlenswert, denn die Stadt ist mit großzügigen Radwegen ausgestattet.
Silo an der UDC. Hier fahren die Busse von Unitrans ab. Es gibt mehrere Geschäfte, die günstige gebrauchte Fahrräder verkaufen. Besonders zu empfehlen ist mit seinen fairen Preisen der Davis Bike Exchange. Vor der Heimreise kann man sein Fahrrad auch hier wieder dem Laden verkauften, falls sich sonst kein Abnehmer findet.
Bei Fragen über die Davis-Community und
soziale Aktivitäten ist das SISS sehr zu empfehlen. Das SISS ist das Zentrum für ausländische Studierende und hilft bei Angelegenheiten wie Wohnungssuche und Fragen zum Visum.
Alle J1-Studierenden und Visiting Scholars nehmen an einem Orientierungsvortrag des SISS teil, bei dem jegliche Fragen rund um die UC Davis und das Leben in den Staaten beantwortet werden. Zudem organisiert das SISS einmal im Monat eine Scholar Coffee Break. Diese ist eine tolle Gelegenheit um bei Kaffee und Bagels anderen J1-Studenten und Scholars kennen zu lernen.
Außerdem können wir jeden nur ermutigen, zum
Welcoming Dinner in Form eines Buffets zu gehen, um sich mit Menschen aus aller Welt zu unterhalten und Freundschaften zu schließen. Es gab eine Auswahl an kulinarischen Spezialitäten, wodurch man direkt ein Gesprächsthema hatte.
Eine weitere Möglichkeit, Menschen kennen zu lernen, ist der
Sport. Das ARC (Activities and Recreation Center) bietet entsprechende Mitgliedschaften an. Der Preis für eine 3-monatige Mitgliedschaft liegt bei 100 US-Dollar und ist die günstigste Lösung. Mit dieser Mitgliedschaft kann man Sportmannschaften online beitreten und hat unbegrenzten Zugang zur Fitnessanlage. Es gibt ein riesiges Sportzentrum auf dem Campus, mit Fitnesszentrum und Indoor-Laufstrecke inklusive, um sich richtig zu verausgaben.
Laborarbeit am Department of Chemical EngineeringDie Departments des Chemical Engineering und Mechanical and Aerospace Engineering befinden sich beide im selben Gebäude, der Bainer Hall. Die Bainer Hall ist ein zweistöckiges zentral gelegenes Gebäude in der Nähe des Silos, wo viele Busse ankommen und es mehrere Essensmöglichkeiten gibt.
In der Bainer Hall befinden sich Labore, die Büros der Professoren und Sekretärinnen der Fachbereiche. Im Erdgeschoss befindet sich eine große Maschinenhalle, ausgestattet mit Bohrmaschinen (Drill Press), Drehmaschinen (Lathe) und Fräsen (Mill) und in der man nach siebenwöchiger Einarbeitungsphase frei arbeiten kann.
Beeindruckendes Bild: Fräsmaschinen im Machine ShopDie Arbeit am Department of Chemical Engineering ist vielseitig und abwechslungsreich. Adam Moule, unser betreuender Professor in Amerika, betreut eine Forschungsgruppe, die sich auf die Untersuchung und Erforschung von organischen Halbleitern für die Photovoltaiktechnik spezialisiert hat. Der Gruppe gehören PhD Candidates (Doktoranden) und Undergraduates (Bachelor-of-Science-Studierende) an.
Eine kleine Herausforderung besteht zuerst darin, den Einstieg in die Halbleitermaterie mit chemischem Schwerpunkt der Materialen zu bekommen, da viele Wörter und Fachbegriffe zunächst neu und unbekannt erscheinen. Mit der Zeit bessert sich das, besonders wenn man an den wöchentlichen Meetings der Forschungsgruppe teilnimmt.
Die Arbeit bestand bis jetzt hauptsächlich aus Konstruktionsaufgaben, um Versuchsstände, die noch in Planung sind, mit einer CAD-Software zu erstellen. Hierzu müssen zum einen die Machbarkeit und die Preise der Grundmaterialen abgewogen werden, da nur ein begrenztes Budget zu Verfügung steht.
Der ständige Austausch zwischen den Studierenden ist dabei sehr wichtig und trainiert das Miteinander im späteren Berufsleben. Nachdem die Grundkonstruktion steht, kann eine Komponentenliste bzw. Bestellliste erstellt werden. Dazu müssen die Webseiten von Metallverarbeitungsfirmen recherchiert und je nach Bedarf die erforderliche Menge an Material bestellt werden.
Anziehende Sicherheit bietet die Glove Box
Die weiteren Aufgaben bestehen darin, die CAD-Teile nach Fertigungszeichnungen in der Maschinenhalle genau zu erstellen und zusammenzubauen. Alle Versuchsstände werden unter besonderen Sicherheitsmaßnahmen durchgeführt, da teilweise mit gesundheitsgefährdenden Substanzen gearbeitet wird. Eine Maßnahme ist die sogenannte Glove Box, ein unter Schutzatmosphäre abgesperrter Raum. Die Versuche und die Messdatenaufnahme werden von einem Computer aus gesteuert, hierfür wird die Programmierumgebung LabView benutzt.
Laborarbeit im Department of Mechanical and Aerospace EngineeringDas Manufacturing and Sustainable Technologies Research Laboratory von Professorin Barbara Linke, kurz MASTeR Lab des Department of Mechanical and Aerospace Engineering der UC Davis, fokussiert seine Forschung auf das genauere Verstehen von Bearbeitungsprozessen, hauptsächlich Schleifen, hinsichtlich Energie- und Ausschusseffizienz, mit dem Ziel der Verbesserung dieser Prozesse in Sachen Kosten und Umweltfreundlichkeit.
Der Arbeitsplatz besteht aus zwei Laboren, von denen eins das eigentliche Versuchslabor mit Schleifmaschinen und anderen Maschinen wie den Reibungstester oder die CMM. Aufgrund eines kürzlichen Umzugs sind diese zum Teil nicht vollständig zusammengebaut, wie etwa die Haan-Schleifmaschine, die momentan nur aus einem leeren Gehäuse besteht.
Das andere Labor wird zwar so genannt, ist aber mehr ein Büro. Es ist mit einem Konferenztisch und einem Whiteboard für die Präsentationen der Projekte in den wöchentlichen Lab meetings und sonstige Absprachen sowie einigen individuellen Schreibtischen ausgestattet. Wie in jedem Ingenieurbüro ist auch hier der Motor der morgendtlichen Produktivität die Kaffeemaschine. Im Lab arbeiten normalerweise drei Graduate Students, sowie einige Undergrats und Visiting Scholars. Das Arbeitsklima ist immer sehr angenehm, und abgesehen vom teilweise ungesund klingenden Kühlschrank und einem leidenschaftlichen Pfeifer in einem der benachbarten Räume ist es größtenteils ruhig, was eine konzentrierte Arbeit ermöglicht.
Offiziell ein Labor. Der Raum ist aber eher Büro und Kommunikationszentrale.tAls Undergraduate (Bachelorstudent) darf man im Büro und im Lab genauso selbstständig arbeiten wie die Doktoranden oder Masterstudenten. Zu unseren Aufgaben gehört vor allem am Anfang viel Recherchearbeit. Um selbstständig in den Laboren und in der Maschinenhalle arbeiten zu können, muss man verschiedene Sicherheitstrainings absolvieren.

Zudem benötigt man für jede weitere Maschine eine eigene Einführung. Diese haben wir zum Beispiel für den Faro-Arm bekommen, der mit einem blauen Laser Werkstücke vermessen kann. Hierbei ist es unsere Aufgabe, verschiedene Bauteile aus der Luft- und Raumfahrttechnik zu vermessen und später selbstständig die Messdaten auszuwerten (meist mit Matlab).
Unsere Hauptaufgabe ist es, einen Frictiontester (Reibkraftmesser) neu zu kalibrieren und verschiedene Testläufe durchzuführen. Dafür müssen verschiedene Konstruktionsaufgaben erledigt werden und man muss die verschiedenen verbauten Teile verstehen und verwenden können.
Sicherheitseinweisung erforderlich:
Der Faro-Arm arbeitet mit Laser.
Und wir sind ganz gespannt, was uns in der verbleibenden Zeit bis Mitte März 2019 noch alles an neuen Erfahrungen erwartet.
Weiterführende Links:
Kontakt für den Austausch mit der UC Davis: Prof. Dirk Reith. Personenseite Homepage der UC Davis Webseite des Instituts für Technik, Ressourcenschonung und Energieeffizienz (TREE)
Artikel vom 14.12.2018
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