Von Jakob Porwol
Das Audimax der Jagiellonien Universität in Krakau: Von Medizin über Naturwissenschaften bis hin zu einer großen Auswahl geisteswissenschaftlicher Fächer ist nahezu alles vertreten. Foto: Uniwersytet Jagiellonski
Eine der traditionsreichsten Partnerhochschulen der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg befindet sich in Krakau, die Jagiellonian University (polnisch: Uniwersytet Jagielloñski). Seit knapp 650 Jahren wird hier gelehrt. 40.000 Studierenden an 15 Fakultäten wird ein breites Spektrum an Studiengängen angeboten. Von Medizin über Naturwissenschaften bis hin zu einer großen Auswahl geisteswissenschaftlicher Fächer ist nahezu alles vertreten. Und die Erweiterung um einen sogenannten Dritten Campus soll das Angebot noch attraktiver machen.
Zurzeit zählt Krakau etwa 750.000 Einwohner und ist damit die zweitgrößte Stadt Polens. Davon studieren 120.000 an einer der Krakauer Hochschulen. Bis zum Jahre 1596 war die Metropole an der Weichsel sogar Hauptstadt des Landes, und noch heute wird sie von einigen Einheimischen als solche betrachtet. Zudem gilt Krakau als das künstlerische und kulturelle Zentrum in Polen. Eine facettenreiche Stadt, die sehr studentenfreundlich ist.
Moderne schmiegt sich an Geschichte
1364 gegründet, ist die Jagiellonien Universität (UJ) die zweitälteste Universität moderner Prägung in Europa, lediglich die Prager Karls-Universität ist vier Jahre früher erbaut worden. Doch erst seit 1817 trägt die UJ den Status „Universität”, deren bekanntester Absolvent Nikolaus Kopernikus war.
Das Hauptgebäude der Universität liegt zentral in der Altstadt von Krakau und beheimatet derzeit die meisten Studiengänge. Zusätzlich soll 2010 der vier Kilometer entfernte „Dritte Campus” fertiggestellt sein. Dort werden die Forschungsaktivitäten auf dem Gebiet von Zukunftstechnologien wie Molekularbiologie Platz finden.
Im akademischen Jahr 2008/2009 studierten 2700 ausländische Studierende in Krakau, die zumeist über das Erasmus-Programm gefördert wurden. Außerdem gibt es in Polen keine Studien- oder Semestergebühren. Maria Kantor vom internationalen Büro der Zusammenarbeit der Universität berichtet: „Weder Studenten aus dem Ausland noch polnische Studenten müssen Studiengebühren bezahlen. In Polen ist Bildung kostenlos.“
Studieren ohne Barrieren
Und auch die Kommunikation macht größtenteils keine Probleme, denn Deutsch und Englisch reichen in der Krakauer Innenstadt zur Kontaktaufnahme aus. Anders wird es, wenn man etwas weiter aus der Stadt hinausfährt, dort ist es ohne polnische Sprachkenntnisse schwieriger.
Aus diesem Grund wird ausländischen Studierenden der Jagiellonien-Universität ein kostenloser Polnischsprachkurs angeboten. Zudem gibt es neben einer „Orientation Week“ im September einen Monat vorher schon den EILC-Sprachkurs.
„Das ist absolut zu empfehlen, den sollte man keinesfalls verpassen“, betont Søren Fritsche, der am Campus Rheinbach Biologie studiert, zwei Semester an der UJ verbrachte und dort seine Bachelor-Arbeit geschrieben hat. „Jeden Wochentag vier Einheiten Sprachkurs und nachmittags Geschichte, Politik und andere wichtige kulturelle Themen, die von kompetenten Dozenten vorgestellt werden“, erzählt der Student.
Einer der größten Unterschiede zu deutschen Hochschulen ist, dass die Forschung einen wichtigen Teil der Bildung einnimmt. „In Deutschland werden viele Projekte nur simuliert. Dagegen habe ich in Krakau bereits in der ersten Woche an der Forschung im Labor gearbeitet“, berichtet Fritsche.
Wohnmöglichkeiten finden sich im Studentenwohnheim oder können privat angemietet werden. Allerdings sind die Wohnheime oft veraltet und überfüllt. Aber auch sollte man nicht jeden Komfort erwarten, den man in Deutschland gewohnt ist.
Kostengünstig studieren
Aufgrund des günstigen Wechselkurses für Euro-Länder ist das Leben in Polen sehr günstig. Fritsche: „Fast alle Sachen kosten nur halb so viel und manche, verglichen mit den Preisen in Deutschland, sogar nur ein Viertel. Dies ist auf den geringeren Durchschnittsverdienst zurückzuführen, und dennoch kann dort ein vergleichbar guter Lebensstandard gehalten werden“.
Die Freizeitmöglichkeiten sind einer Studentenstadt entsprechend. „In Krakau gibt es über 1000 Bars und Pubs, davon sind etwa 400 reine Studentenkneipen – das Nachtleben ist sehr intensiv hier“, erzählt Maria Kantor. Auch wenn Polen als Studienziel von vielen Studierenden belächelt wird, ist das studentische Leben dort nicht zu unterschätzen und auch ohne Studium eine Reise wert.
Weiterführende Links:
Internetseite der Jagiellonian University
Weitere Informationen zum Erasmus-Programm beim DAAD
Artikel vom 08.07.2010
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