Interview von Michael Flacke
Die Professoren Bode und Boohene im Gespräch. Foto: Michael Flacke
doppelpunkt: Die H-BRS und die UCC arbeiten seit drei Jahren gemeinsam an einem Projekt zu Unternehmertum und Start-ups. Wie kam das Projekt zustande, was war der Hintergrund und wie lautet der offizielle Titel?
Jürgen Bode: Der offizielle Titel lautet „Teaching for Development, Entrepreneurship and Sustainable Economic Development in Africa“, und das Projekt entstand durch eine Reihe von glücklichen Zufällen. Startpunkt war der Besuch von Hochschulpräsident Hartmut Ihne in Cape Coast.
Cape Coast ist eine Partnerstadt der Stadt Bonn und Ghana ist Partnerland von NRW.
Herr Ihne und seine Delegation besuchten dann auch die Universität und unterzeichneten dort ein erstes „Memorandum of Understanding“, um die Zusammenarbeit zwischen H-BRS und UCC voranzutreiben. Kurz danach startete das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) das Programm „University Business Partnerships“, das deutsche Hochschulen bei der Zusammenarbeit mit Hochschulen in Afrika unterstützt.
Programmziel ist, dass sich afrikanische Hochschulen stärker praxisorientiert ausrichten, um die Berufschancen ihrer Absolventen zu erhöhen. Die H-BRS wurde gemeinsam mit der TU Berlin als Pilot-Institution vom BMZ für dieses Programm ausgewählt. 2011 traten wir dann an die UCC mit Ideen für das konkrete Projekt heran, und in 2012 ging es los.
doppelpunkt: Professorin Boohene, das Projekt geht in sein drittes und letztes Jahr. Was ist ihr Fazit, was wurde bisher erreicht?
Rosemond Boohene: Es gibt verschiedene Bereiche des Projekts, in denen wir Erfolge vorweisen können. Der Business-Inkubator [Gründercampus an der UCC, Anm. d. Red] ist aufgebaut und erste Gründerinnen und Gründer werkeln an ihrem unternehmerischen Erfolg.
Neben den Räumlichkeiten und der Ausstattung ist und war auch das Training der Kolleginnen und Kollegen an der Universität sehr wichtig. Wir waren daher sehr froh, den Leiter des Business-Campus der H-BRS, Dr. Udo Scheuer, zu mehreren Gelegenheiten hier in Cape Coast begrüßen zu dürfen. Er half uns mit den ersten Businessplänen und der Ausgestaltung der Services und Verträge mit den jungen Gründern.
Im Rahmen des Projekts haben wir die Kurse zur Unternehmensgründung radikal an der Praxis ausgerichtet und die Studierenden direkt Geschäftsgründungen durchplanen lassen. Aus diesen Kursen entstanden dann die ersten Geschäftsideen für den Business-Inkubator hier an der Fakultät.
doppelpunkt: Ein Teil des Projekts sind auch die „DEG Young Entrepreneurs“, was hat es damit auf sich?
Jürgen Bode: Wir konnten für unser Projekt die Unterstützung der Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) hier in Ghana gewinnen. Die DEG unterstützt dabei den jährlichen Businessplan-Wettbewerb an der UCC, an dem jeder Hochschulangehörige teilnehmen darf. In Deutschland prüfen Professoren und Firmenmanager die Businesspläne und wählen die drei erfolgversprechendsten Vorschläge zur Unternehmensgründung aus. Bei der zum Projekt gehörigen Konferenz jeden Herbst, werden dann die Preise im Wert von zwischen 4000 und 6000 Euro als Startkapital an die Studierenden verliehen.
doppelpunkt: Worum geht es bei der Konferenz?
Jürgen Bode: Wir haben jedes Jahr eine gemeinsame Konferenz mit der UCC zum Thema „Entrepreneurship and Sustainable Economic Development in Africa“, die abwechselnd in Ghana und NRW stattfindet. Wir präsentieren dort aktuelle Entwicklungen und Best-Practice-Beispiele zum Thema nachhaltige Unternehmensgründung- und führung in Afrika. Die Konferenz ist in Deutschland einzigartig, da wir dort die akademische Welt mit Geschäftsführern aus Deutschland und Westafrika zusammenbringen. Der intensive Austausch und die sich daraus entwickelnden Initiativen und Geschäftsideen stehen dabei für den Erfolg der Konferenz.
doppelpunkt: Wo genau finden die Konferenzen statt?
Jürgen Bode: Im ersten Jahr fand die Konferenz an der H-BRS statt, im zweiten Jahr des Projekts war die Konferenz an der UCC in Ghana zu Gast, und in diesem Jahr, am 14. November 2014, fand sie mit über 200 Teilnehmern am Campus Rheinbach der H-BRS statt.
doppelpunkt: Arbeiten die Gewinner des Wettbewerbs dann anschließend im Business-Inkubator?
Rosemond Boohene: Ja, als Start-ups brauchen Sie eine entsprechende Infrastruktur, um zu florieren. Einige der Gründer werden allerdings auch außerhalb des Business-Inkubators arbeiten. Der Vorteil für die jungen Gründer hier ist, dass Sie sich jederzeit versierte Unterstützung für das weitere Vorgehen holen können.
doppelpunkt: Wie viele Start-ups arbeiten denn bereits im Inkubator?
Rosemond Boohene: Im Moment arbeiten dort sechs Start-Ups. Spannend daran ist, dass neben Studenten auch Universitätsmitarbeiter als Gründer dort aktiv sind. Wir gehen davon aus, dass diese Zahl in den nächsten Jahren entsprechend steigen wird und hoffen, dass der beständige Erfolg des Inkubators dazu führt, dass weitere Fakultäten solche Gründerzentren einrichten. Wir sehnen uns bereits jetzt nach einer größeren Location für das zukünftige „Centre for Entrepreneurship“.
doppelpunkt: Was hat sich während der Laufzeit des Projekts an der Universität aus Ihrer Sicht verändert?
Rosemond Boohene: Ghana kämpft mit einer hohen Arbeitslosenrate unter Hochschulabsolventen. Das Projekt hat hier den Anstoß gegeben, dass die Ausbildung an unserer Universität stärker auf die Ausgründung von eigenen Unternehmen fokussiert wird, um dem Mittelstand in Ghana die dringend benötigten Impulse zu geben. Das Bewusstsein an unsere Hochschule hat sich stark verändert, die anderen Fakultäten der Universität haben bereits großes Interesse an der Ausweitung der Inkubator-Idee gezeigt.
doppelpunkt: Gibt es Pläne für die Zukunft des Projekts, wenn ja, wie sehen diese aus?
Jürgen Bode: Projekte sind oft wie biologische Organismen, am Anfang brauchen Sie sehr viel Aufmerksamkeit und Kleinarbeit, nach zwei Jahren und der Sichtbarkeit der ersten Erfolge sind wir jetzt an einem Punkt, wo wir große Aufmerksamkeit für das Projekt erhalten und wir hoffen, dass wir die Idee fortsetzen und ausbauen können.
Wir haben für die nächste Projektphase auch einen zusätzlichen, hochspannenden Partner in Ostafrika: die Universität von Nairobi. Wir hoffen so, dass die Ideen von Business-Inkubator und Start-up-Wettbewerben sowohl in West- als auch in Ostafrika in der universitären Szene weiter Fuß fassen und es so für die Studierenden einfacher wird, mit guten Ideen Geld zu verdienen und die Gesellschaft zu entwickeln.
Artikel vom 10.12.2014
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