Entertainer mit Sendungsbewusstsein
von Iris Groß
Im Juli 2019 fand der erste Lecture Slam an der Hochschule statt, es wurden „Perlen aus Lehrveranstaltungen“ angekündigt, die einen Aha-Effekt bei den Studierenden ausgelöst haben. Die Neugier war groß, die Erwartungen irgendwie hoch und gleichzeitig auch nicht hoch, weil niemand wusste, was kommt. Es war dann eine wahnsinnig kurzweilige Angelegenheit, wie Experten sozusagen die Welt erklärten.

Wer dabei war, wird nie mehr vergessen, was die Kesselformel im Apparatebau über Druckbehälter aussagt. Professor Paul Melcher gewann mit diesem Thema den 1. Lecture Slam. Glückwünsche und Preis überreichten ihm Professorin Irene Rothe (rechts) als Initiatorin der Veranstaltung und Vizepräsidentin Iris Groß, die gleichzeitig Direktorin des Zentrums für Innovation und Entwicklung in der Lehre (ZIEL) ist. Foto: Sven Flessing
Wie ist es OJ Simpson gelungen, trotz erdrückender Beweislast freigesprochen zu werden? „Durch statistische Halbwahrheiten“, erklärt uns Christine Buchholz, „und weil die Jury keine Ahnung von bedingten Wahrscheinlichkeiten hatte.“
Oder was ist der Unterschied zwischen Strom und Spannung? Wenn nichts mehr aus der Batterie rauskommt, ist dann der Strom weg? Oder die Spannung verschwunden? Ingo Groß lässt uns durch einen Strohhalm blasen, wobei ein Luftstrom entsteht. Pitscht man zwei Halme zusammen, muss man viel mehr Spannung in der Lunge aufbauen, damit trotzdem was rauskommt. Und schon kann man sich Strom und Spannung besser vorstellen.
Maria-Christina Nimmerfroh erklärt uns, warum die total Leistungsmotivierten gar nicht immer die Hochleister sind und diejenigen, die sich über das soziale Miteinander motivieren, nicht nur im Kaffeetrinken vorne dabei sind.
Haben Sie schon mal nachgedacht, wie Druckbehälter versagen? Dass sie aufgrund der höheren Umfangsspannung immer mit einem Längsriss bersten, beweist die Kesselformel, wie uns Paul Melcher erklärt. Sie haben so einen Längsriss noch nie gesehen, weil Sie nicht im Apparatebau arbeiten? Halten Sie einfach beim nächsten Grillen mal die Augen offen, wenn wieder mal eine Bratwurst zerplatz; die Physik gilt auch für die Wurstpelle.
Von Druckluftbehältern und BratwürstenWarum macht es uns Mühe, Fußspitzen an Fußspitzen mit fremden Personen zu stehen? Welche Verrenkungen führen wir aus, wenn wir dabei einen Schokoriegel knabbern sollen? Und was lernen wir daraus fürs interkulturelle Miteinander? James Chamberlain lässt es uns live erfahren, und wir lernen einiges über uns selbst.
All das waren zauberhafte Beiträge beim ersten Lecture Slam der Hochschule, den Irene Rothe ausgerichtet hat. Natürlich hat sie uns bei der Gelegenheit mithilfe eines hin- und herwandernden Schlosses erklärt, wie man öffentlich ausgetauschte Nachrichten verschlossen halten kann, ohne den Schlüssel mitzugeben.
Insgesamt waren es anderthalb sehr unterhaltsame Stunden im Hörsaal. Es war ein Genuss, den Kolleginnen und Kollegen „bei der Arbeit“ zuzuschauen, sie hatten ihre schönsten Perlen der Vorlesungskunst für uns ausgepackt und aufpoliert, und es ist sehr zu hoffen, dass es eine zweite und noch viel mehr Auflagen des Lecture Slam geben wird.
Zum Meister der humorigen Erklärkunst wurde übrigens Paul Melcher gekürt, der ein Kunstwerk von Irene Rothe und eine Flasche mit perlendem Sekt mit nach Hause nehmen durfte.
Außerdem slammten:
- Hektor Haarkötter: Ach, wenn man doch Medien essen könnte ... Kommunikationsmittel als Lebensmittel und wie man damit die Welternährungsprobleme lösen könnte
- Ottmar Krämer-Fuhrmann: Ich bin stolz darauf, ein Informatiker zu sein
- Cajus Netzer: Wie werden Glücksspielautomaten ausgetrickst
- Corinna Thomser: Zähigkeit
Weiterführende Links:Ankündigung des 1. Lecture Slam
ZIEL (Zentrum für Innovation und Entwicklung in der Lehre)
Artikel vom 18.07.2019
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