Mit allen Sinnen: Institut für Visual Computing
Vanessa Wüsthoff
Im Institut für Visual Computing werden verschiedene Hard- und Software-Elemente entwickelt, die virtuelle Welten mit allen Sinnen erfahrbar machen sollen. So wird ein Hochschulraum schnell zu einem Hochhausdach oder einem Kriegsgebiet. Die möglichen Einsatzgebiete dieser Technik sind vielfältig und reichen von Unterhaltung bis hin zu neuen Therapieansätzen.

André Hinkenjann begleitet Testerin in die virtuelle Realität: Das Institut für Visual Computing nutzt alle Sinne
(Foto: Eva Tritschler)
Die Vorstellung, auf einem schmalen Brett über einem Abgrund zu balancieren, verursacht bei einigen Menschen ein mulmiges Gefühl, anderen wiederum verspricht es einen Adrenalinkick. Wie wäre es, eine solche Erfahrung erleben zu können, ohne sich dabei tatsächlich in Gefahr zu begeben? Am Institut für Visual Computing (IVC) geht das.
Vom Hochhausdach ins Kriegsgebiet mit einem Klick
Auf einem wackligen Brett stehend fühlt man sich dank Virtual-Reality-Brille auf das Dach eines Hochhauses versetzt, über dessen Kante ein schmaler Steg ragt. Bewegt man den Kopf, bewegt sich auch das Bild in der Brille. Mutige Tester wagen sich über die Dachkante hinweg und lassen sich den durch Ventilatoren erzeugten Wind um die Nase wehen. Geräusche im Kopfhörer wie fahrende Autos vervollständigen den realistischen Eindruck. Nimmt man die Brille ab, ist man überrascht, sich wohlbehalten in einem Hochschullabor wiederzufinden.
Das visuelle Eintauchen in virtuelle Realität mittels Virtual-Reality-Brille ist spätestens seit der Computer- und Videospielmesse Gamescom im August in aller Munde. Die Besonderheit der Simulationen am IVC liegt in der Einbeziehung möglichst vieler Sinne durch Gegen- und Seitenwind, Gerüche und Vibrationen. „Die Immersion – das Gefühl, in der computergenerierten Simulation zu sein – wird damit noch einmal gegenüber der rein visuellen Ausgabe gesteigert“, erklärt Professor André Hinkenjann, einer der Leiter des IVC.
Szenenwechsel: Zu sehen ist ein Kriegsgebiet mit Helikopter und brennendem Auto. Läuft man auf den Helikopter zu, bläst einem der Wind der Rotorblätter entgegen. Vor dem Auto stehend ist deutlich der Geruch nach verbranntem Gummi wahrzunehmen. Tatsächlich liegt der Nutzer während dieser Erfahrung bequem in einem Sessel und steuert die Bewegungen in der virtuellen Realität mittels Joystick. Vibrationen im Fußteil des Sessels vermitteln dabei das Gefühl der eigenen Schritte.
Zukunftsaussichten: Traumatherapie und fühlbare Virtualität
Solche Simulationen besitzen nicht nur einen Unterhaltungswert, sie könnten auch für die Therapie von Angstzuständen und Traumata eingesetzt werden. Der Einbezug vieler Sinne in einer virtuellen Kriegsumgebung intensiviere den Gesamteindruck und könne eine Konfrontationstherapie traumatisierter Soldaten im geschützten Raum ermöglichen, erläutert Hinkenjann.
Derzeit werden im Institut für Visual Computing einige weitere Hardware-Elemente entwickelt, die insbesondere auf das haptische Erleben virtueller Welten abzielen: Ein von Master-Student Alexander Marquardt entwickelter Handschuh mit taktilen Elementen soll das Ertasten von Gegenständen ermöglichen. Student David Eibich entwickelte eine Maus, die den Nutzer Höhen und Tiefen eines Reliefs auf dem Bildschirm ertasten lässt, indem sich die Maustasten durch einen Motor heben und senken. Der Mechanismus lässt sich etwa auf eine Handyhülle übertragen, sodass auch auf mobilen Geräten ein Stück simulierte Realität erfahrbar wird.
Homepage des IVC
Artikel vom 19.01.2017
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