Von Filip Vojtech
Während in heutigen Kommunikationsnetzen alle mobilen Teilnehmer mit einer Basisstation verbunden sein müssen, stellen sie im Ad-Hoc-Netzwerk selber eine lokale Kommunikationsbasis her. Grafik: FB Informatik
Sowohl Mobiltelefone als auch drahtlose Internetanbindungen (Wireless LAN) sind in heutigen Kommunikationsnetzen auf eine fest installierte Basisstation angewiesen. Diese stellt eine Verbindung zwischen den mobilen Teilnehmern und dem weiteren Kommunikationsweg her. Beim Wireless LAN etwa übernimmt die Funktion der Basisstation ein so genannter Router, also eine Art Verteiler, der eine Verbindung ins Internet herstellt und mobile Teilnehmer intern vernetzt. Im Mobilfunk ist es der nächste Funkmast, über den sich das Handy in das Telefonnetz einwählt. Sobald das Signal zur Basisstation zu schwach wird oder gar komplett abreißt, bricht das Netz für die mobilen Teilnehmer zusammen und die Verbindung geht verloren.
Diese Abhängigkeit von der Basisstation macht das Netzwerk besonders in Katastrophengebieten und politischen Krisengebieten anfällig. In abgelegenen Regionen wiederum sind die Voraussetzungen für eine sinnvolle Kommunikation entweder gar nicht gegeben oder die vorhandene Infrastruktur ist nicht leistungsfähig genug.
Eine dynamische Lösung
Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, hat der Fachbereich Informatik unter der Leitung der Professoren Norbert Jung und Karl Jonas das Forschungsprojekt „Zuverlässige Kommunikation in Ad-Hoc-Netzwerken mit satellitengestützter Netzwerkanbindung“ (ZUKAS) ins Leben gerufen. Ziel des Projekts war es, ein dynamisches („ad-hoc“) und komplett mobiles Netzwerk aufzubauen, das ein zerstörtes Kommunikationsnetz – etwa nach Hochwasser, einer Schneekatastrophe oder einem Vulkanausbruch – temporär ersetzen kann. „So entsteht für Rettungseinsätze die erforderliche Kommunikationsbasis“, erklärt Jung.
Im bereits entwickelten dynamisch aufgebauten Ad-Hoc-Netz stellen die mobilen Terminals die benötigte lokale Infrastruktur selber her, haben also sowohl die Funktion eines Endgerätes für den Benutzer als auch die Funktion des Vermittlungssystems für die Nachrichten anderer Teilnehmer im lokalen Netz. Eine direkte drahtlose Verbindung ist dann immer nur bis zum nächsten mobilen System erforderlich, nicht aber zur Basisstation. Dadurch können alle mobilen Terminals innerhalb des Ad-Hoc-Netzes miteinander kommunizieren, ohne eine direkte Verbindung zu haben. Eine Anbindung an eine Festnetzinfrastruktur kann bereitgestellt werden, sobald nur eines der beteiligten Terminals eine Verbindung zu einer Basisstation hat. Die mobile Basisstation stellt dann direkt über Satellit eine Verbindung zum weltweiten Festnetz her.
Einsatz auch außer Reichweite eines Routers
In der Praxis lässt sich das Ad-Hoc-System am besten an einem drahtlosen Computer-Netzwerk erklären: Um an ein solches Netzwerk angebunden zu sein, müssen heute alle Rechner des Netzes eine direkte Verbindung zum Router haben. Nur über
diesen Vermittler können die Geräte miteinander kommunizieren und eine Verbindung zum Internet herstellen. Im Ad-Hoc-Netzwerk hingegen können die Computer auch ohne einen Vermittler Daten austauschen. Für den Zugang ins externe Internet würde es zudem reichen, wenn nur ein Rechner die Verbindung zum Router aufbaut und die anderen Teilnehmer wiederum eine Verbindung zu diesem Rechner haben. „Der Vorteil ist, dass so auch Rechner Zugang zum Netzwerk haben, die sich außerhalb der Reichweite des Routers, aber nah genug am nächsten verbundenen Computer befinden“, beschreibt Jung die Funktionsweise.
Sicheres Netz und Voice-over-IP
Da sich die Teilnehmer im Ad-Hoc-Netzwerk bewegen können und sich Funkübertragungseigenschaften in einem Katastrophengebiet teilweise rapide ändern können, überprüft sich das Gesamtsystem fortwährend selbst und baut eine ständige Vernetzung auf. Mittels der satellitengestützten Netzwerkanbindung lässt sich über das Internet kommunizieren. Besonders interessant ist, dass das System auch die Fähigkeit für Voice-over-IP (Internet-Telefonie) unterstützt. Der neue Sprachdienst ermöglicht so auch das Telefonieren über Internet – und das sogar in gewohnter Festnetz-Qualität.
Artikel vom 10.07.2005
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