von Fabian Klaetke
Glänzende Rechner: Im Grafiklabor der FH arbeiten bis zu elf Playstation und drei Konsolen im Verbund. Foto: Fabian Klaetke
Designer von Computerspielen sind nicht die einzigen, die eine immer realistischere Darstellung der Wirklichkeit am Computer erreichen wollen. Auch Wissenschaft und Industrie sind daran interessiert, reale Vorgänge am Rechner zu simulieren und physikalisch korrekt darzustellen. Derartige Aufgaben waren bislang Großrechnern vorbehalten, die für kleinere Unternehmen kaum erschwinglich sind und Forschern nur begrenzt zur Verfügung stehen, da diese sich an den Universitäten oft Rechenzeit mit anderen Wissenschaftlern teilen müssen.
An dieser Stelle setzt das vom Bundesforschungsministerium geförderte Projekt von André Hinkenjann an. Zusammen mit seinen Mitarbeitern sucht er nach Möglichkeiten, aufwändige Simulationen auch auf günstiger Computerhardware grafisch darzustellen. Die neue Spielekonsole kam dem Team dabei gerade recht, denn hinter der glänzenden Oberfläche verbirgt sich ein vollwertiger Computer.
Mehr als ein Spielzeug
„Die PS3 enthält den Cell-Chip, der für unsere Anwendungen eine sehr hohe Leistung bietet“, erläutert Hinkenjann. Dieser Chip bildet den Hauptprozessor der PS3 und gab dem Projekt seinen Namen: „TraCell“. Neben der verwendeten Hardware deutet die Bezeichnung auf das eingesetzte Verfahren zur Grafikberechnung hin. „Tra“ steht kurz für Ray-Tracing, eine Technik bei der ein simulierter Lichtstrahl in ein dreidimensionales Computermodell ausgesendet und dessen Weg verfolgt wird, um ein realistisches Bild dieses Modells zu berechnen.
Erste Versuche zeigten, dass der Cell Prozessor diese Berechnungen mit hoher Geschwindigkeit bewältigen kann, trotz einiger Einschränkungen der Spielekonsole. Professor Hinkenjann: „Die PS3 hat nur wenig Arbeitsspeicher, außerdem erreicht sie ihre volle Leistung nur unter bestimmten Umständen. Unsere Aufgabe ist es, diese maximale Leistung zur Verfügung zu stellen."
Leistung durch Arbeitsteilung
Dass der Cell derartige Berechnungen wesentlich schneller durchführen kann als etwa der Prozessor eines modernen Heim-PCs liegt unter anderem am Aufbau des Chips. Während AMD und Intel gerade erst dazu übergehen, mehrere Kerne auf einem Prozessor unterzubringen, besitzt der Cell bereits neun unabhängige Recheneinheiten.
Zwar ist die Programmierung eines solchen parallel arbeitenden Chips komplizierter, richtig eingesetzt vervielfacht sich aber so die Leistung. Schaltet man nun noch mehrere Konsolen zusammen, ist schnell die Geschwindigkeit eines wesentlich teureren Großrechners erreicht.
Anwendungen in Medizin und Design
Zum Einsatz kommen soll das System bei der Simulation von Augenoperationen und im Produktdesign, laut André Hinkenjann soll es jedoch nicht bei der reinen Grafikberechnung bleiben: „Wir arbeiten daran, unser Modell in eine Virtual Reality-Umgebung einzubinden, in der man interaktiv Einfluss auf die Darstellung nehmen kann.“
Die Umsetzung wird zur Zeit von Master-Student Florian Bingel und Master-Absolvent Florian Mannuß in Angriff genommen. Mit einer ersten lauffähigen Version rechnet das Team im Frühjahr 2008.
Mehr Informationen:
Artikel vom 20.03.2008
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