Völlig losgelöst von der Erde
von Julian Neitzert
Professor Rainer Herpers, Informatikprofessor an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, hat in Südfrankreich an einem Parabelflug des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt teilgenommen.
Das Gefühl der Schwerelosigkeit hat ihn überwältigt. "Jederzeit wieder", ist er nachhaltig begeistert.

Herpers als Versuchsteilnehmer: „Auf einmal ist alles nicht mehr schwer.“ Quelle: DLR
„Es ist gigantisch, nicht beschreibbar, man fühlt sich wie ein Vogel. Auf einmal ist alles nicht mehr schwer“, so schildert Professor Rainer Herpers seine Erfahrung von Schwerelosigkeit. Der Informatikprofessor an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg hob im Februar 2012 zu einem Parabelflug über dem Atlantik ab. Insgesamt flog der umgebaute Airbus A300 31 Parabeln, bei denen die Insassen jeweils 22 Sekunden schwerelos waren. Herpers war Proband eines Forschungsprojektes des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der Deutschen Sporthochschule Köln.
Das Experiment
Die Forscher wollten herausfinden, ob man Übelkeit bekämpfen kann, indem das Gehirn durch Audiofrequenzen stimuliert wird. Die Übelkeit entsteht, wenn einzelne Sinnesorgane unterschiedliche Informationen an das Gehirn liefern. Während des Fluges hörten die Versuchsteilnehmer Musik, in die Alpha-Wellen hineingemischt wurden. Diese nicht bewusst wahrnehmbaren akustischen Reize sollen ein Wohlbefinden im Gehirn auslösen und die Übelkeit verhindern. Eine Kontrollgruppe hörte die Musik ohne zusätzliche Alpha-Wellen. Ergebnisse der Versuche lagen zu Redaktionsschluss noch nicht vor.
Der Parabelflug
Bei einem Parabelflug zieht der Pilot in der Höhe von ungefähr 5000 Metern die Maschine in einem 45-Grad-Winkel nach oben, dann werden die Triebwerke gedrosselt und die Flugbahn gleicht einer Wurfparabel. Hat das Flugzeug den Hochpunkt erreicht, fällt es in einem Winkel von 45 Grad nach unten, bis es wieder abgefangen wird. In dem Zeitraum ab der Drosselung der Triebwerke bis zum Abfangen des Flugzeugs sind die Insassen schwerelos. Sowohl vor der Schwerelosigkeit, als auch danach sind die Passagiere ungefähr 20 Sekunden der doppelten Erdanziehungskraft ausgesetzt. In dieser Phase kann selbst die kleinste Bewegung zu einem Brechreiz führen. „Es ist wie ein Schalter: Jetzt kotzen!“, so Herpers.
Doch die Freuden der Schwerelosigkeit überwiegen für ihn: „Jederzeit. Lieber heute, als morgen“, antwortete er auf die Frage, ob er nochmal einen Parabelflug machen möchte. Die während der Schwerelosigkeit ausgeschütteten Endorphine würden für zwei Wochen reichen.
Herpers Forschung
Seine eigenen Experimente finden zwar am Boden statt, sind aber auch nicht für Menschen mit nervösem Magen geeignet. Mit Hilfe der Kurzarm-Zentrifuge beim DLR sucht er nach neuen Zusammenhängen der Orientierungswahrnehmung.
Artikel vom 12.04.2013
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