von Florian Semrau
ESA-Astronaut Thomas Pesquet hält ein Touching Surfaces in der Hand. Foto: ESA/NASA/DLR
Ende August 2021 startete der SpaceX-Raumtransporter Dragon zu seiner Reise ins All, sein Ziel war die Internationale Raumstation (ISS). An Bord befand sich ein gemeinsames Experiment der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg mit der Universität des Saarlandes, des University College London und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Bei diesem Versuch handelt es sich um das teilweise von Studierenden entwickelte Experiment „Touching Surfaces“. Dabei wird untersucht, wie sich Mikroorganismen im All verbreiten und wo sie anhaften.
Was ist das Ziel?
Ziel dieses Experiments ist die Erforschung neuartiger antimikrobieller Metalloberflächen für die Raumfahrt. Dafür wurden fünf so genannte Touch Arrays innerhalb des Columbus-Moduls der ISS angebracht. Darunter versteht man einen Aluminium-Probenträger, der mit drei Plättchen aus Stahl, Kupfer und Messing ausgestattet ist, die jeweils unterschiedliche Oberflächenstrukturen aufweisen. Kupfer hat beispielsweise eine schädigende Wirkung auf die Schutzhülle der Mikroorganismen und die Erbinformation der Zellen.
Die Touch Arrays werden während 15 Wochen von den ESA-Astronauten Thomas Pesquet und Matthias Maurer einmal wöchentlich berührt, um Mikroorganismen vom Menschen auf die Oberflächen aus Metall zu übertragen. Die verschiedenen Metalle auf den Touch Arrays sind jeweils in drei strukturell unterschiedlichen Ausführungen vorhanden und zum Teil Laser-behandelt. So können einzigartige mikroskopische Muster dargestellt werden, in denen sich die Mikroorganismen ansammeln.
„Es gilt herauszufinden, welche Keime sich wie an die verschiedenen Oberflächen anheften und welche Materialien so für künftige Raumfahrtmissionen geeignet sind, um mikrobielle Kontamination zu vermeiden“, beschreibt Projektleiter Professor Ralf Möller die Zielsetzung. Die Materialien könnten für Astronauten künftig eine große Zeitersparnis bedeuten, weil sie das ständige Putzen und Desinfizieren der Raumstation vielleicht sogar überflüssig machen. Außerdem schützen sie gleichzeitig die Gesundheit der Astronauten. Möller: „Wenn wir wissen, wie die Mikroorganismen mit Metallen interagieren und ob durch die veränderte Oberfläche ein größerer Kontakt besteht, können die Mikroorganismen schneller abgetötet werden.“
Eine solche Erkenntnis würde auch auf der Erde weiterhelfen: So wäre die Verwendung von antimikrobiellen Oberflächen eine alternative Strategie gegen Mikroorganismen mit bestimmten Resistenzen gegen Antibiotika oder Desinfektionsmittel. Sie könnten an allen Orten verwendet werden, an denen Menschen auf engem Raum aufeinandertreffen, beispielsweise in Schulen, Krankenhäusern sowie öffentlichen Verkehrsmitteln.
Die Ergebnisse des Experiments werden anschließend mit gleichen Tests auf der Erde verglichen und unter anderem im Microbiome Center der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg ausgewertet.
Weiterführende LInks:
Institut für Funktionelle Genanalytik (IfGA - Startseite)
Das Microbiome Center am Campus Rheinbach
Artikel vom 22.12.2021
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