von Julia Froolyks
Peter Kusch vor zwei seiner Poster zur Pyrolyse. Den Studierenden im Fachbereich gibt er sein schier unerschöpfliches Wissen in der Analytik von Kunststoffen gerne weiter. Foto: Julia Froolyks
Kusch arbeitet seit 18 Jahren an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Mit der wissenschaftlichen Charakterisierung von Kunststoffen beschäftigt er sich allerdings schon seit 1977. Neben seiner Forschungsarbeit im Bereich Kunststoffe und Lacke betreut er auch Studierende während ihrer Praktika und Bachelorarbeiten. Das Labor in Rheinbach ist dabei so gut ausgestattet, dass jedes Jahr zum Sommersemester auch Studierende der FH Aachen an Praktika in der Polymeranalytik teilnehmen.
Eine besondere Ehre wurde dem 63-Jährigen in diesem Jahr zuteil: Nach der Eröffnung der Konferenz SMST hielt er einen 45-minütigen Vortrag über seine Forschungsarbeit. Er referierte über neueste Entwicklungen auf dem Gebiet der Pyrolyse-Gaschromatographie/Massenspektrometrie (PY-GC/MS). Überrascht hat ihn die Einladung selbst allerdings nicht: „Man wird oft zu Konferenzen und Symposien eingeladen, irgendwann ist man nicht mehr überrascht, besonders nicht mehr in meinem Alter.“
Weltweite Symposien für den Austausch
Die „International Conference Sustainable Materials Science and Technology“ fand in diesem Jahr in Paris statt. Organisiert wird sie jährlich von Wissenschaftlern und Akademikern des Polytechnic Institute of Portalegre, sowie der University of Extremadura (Spanien). Mit technischem Support steht die „ScienceKnow Conference“ an der Seite der Organisatoren. Hintergrund der Veranstaltung ist das Schaffen einer Plattform für Akademiker, Forscher und Wissenschaftler aus der ganzen Welt. Die Diskussion der weltweiten Ergebnisse im Bereich der Materialforschung steht hier im Vordergrund. Entlohnt wird ein Redner dort nicht. Für Peter Kusch aber kein Grund, nicht zu erscheinen: „Die Wissenschaftler treffen sich auf Symposien vor allem, um zu sehen, welche Entwicklungen auf dem eigenen Forschungsgebiet stattfinden und woran die Konkurrenz arbeitet. Ich reise oft durch Europa und treffe viele interessante Kollegen.“
Pyrolyse wird in vielen Branchen eingesetzt
Kusch bereist nicht nur viele Teile Europas, um als Experte im Bereich der analytischen Pyrolyse aufzutreten; er referiert zudem mit seinen Kollegen der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg auch im Rahmen von praxisorientierten Kursen in Rheinbach.
Die Pyrolyse-GC/MS wird in vielen verschiedenen industriellen Verfahren angewandt. Zum Beispiel bei der Qualitätskontrolle in der Automobilbranche. Polymere Ablagerungen an Bauteilen lassen sich mittels PY-GC/MS detektieren und benennen – der Autobauer bekommt auf diese Art zum Beispiel Hinweise auf fehlerhafte Bauteile.
Auch die Entsorgungsindustrie profitiert von der Polymer-Analyse: Beim werkstofflichen Kunststoffrecycling können Verunreinigungen im Recyclingprodukt identifiziert werden. So lässt sich sicher nachweisen, ob eine Verunreinigung auf Rückstände im Ausgangsmaterial oder auf Verschleppungen im Aufbereitungsverfahren zurückzuführen ist.
Das Pyrolyse-Verfahren zeigt sich aber auch als wichtig für die Gesundheit von Konsumenten und Verbrauchern: Sie kann Kunststoff-Rückstände in Getränken, verursacht durch die Plastikverpackung, detektieren und auf das Mikrogramm genau angeben. Eine Forschungsarbeit zu diesem Thema hat Peter Kusch zusammen mit seinen Kollegen von 2002 bis 2006 an der Hochschule erarbeitet. Es wurde der Gehalt von Kunstoff-Weichmachern in Glasflaschen und Plastikflaschen verglichen.
Am 20-jährigen Jubiläum ist Schluss
Der gebürtige Schlesier ist mit seinen 63 Jahren bald am Ende seines Arbeitslebens angelangt und geht in zweieinhalb Jahren – etwa zum Zeitpunkt seines 20-jährigen Dienstjubiläums an der Hochschule – in Rente. „Wenn ich es bis dahin überhaupt schaffe“, witzelt Kusch. Ein eigenes Labor im heimischen Keller in Euskirchen könne er sich für die Zeit danach nicht vorstellen. Die Anschaffung der Chromatographen und Massenspektrometer übersteige jede normale Rente, hinzu kämen die hohen Wartungskosten.
Aber bis 2018 kann in der Forschung noch einiges passieren, woran Kusch mitwirken kann. Ähnlich wie bei Technologien für den Otto-Normalverbraucher – etwa im Bereich Kommunikation – eröffnen sich auch in der Pyrolyse immer neue Möglichkeiten. „Von 1948 bis heute hat sich einiges im Bereich der Kunststoffanalyse getan, das wird nicht von heute auf morgen aufhören.“ Kusch arbeitet selbst nicht an der Weiterentwicklung der PY-GC/MS, sondern ausschließlich mit ihr, dennoch könne er sich vorstellen, dass besonders die Schnelligkeit von Analyses in den nächsten Jahren zunehmen werde.
Privat ist der 63-jährige Wissenschaftler ein leidenschaftlicher Musik-Fan. Besonders die Pop-Musik hat es ihm angetan. „Ich war mit meiner Frau vor zwei Jahren auf dem letzten Konzert von Joe Cocker. Es war wunderbar, aber sein Tod auch sehr traurig. Ich habe ihn und seine Musik sehr gemocht.“ Neben Cocker mag Kusch auch Paul McCartney und Tina Turner, die er vor einigen Jahren in Köln live sah. In zweieinhalb Jahren wird er ganz viel Zeit für sein Privatleben und die Pop-Musik-Kultur haben.
Weiterführende Links:
Personenseite Peter Kusch im Fachbereich AnNa
Werdegang Peter Kusch auf der Konferenzseite
Homepage der SMST-2015-Konferenz
Artikel vom 11.09.2015
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