von Anna-Katharina Jung
Zufrieden mit dem Auftakt: James Chamberlain, Leiter des Sprachenzentrum, begrüßt zum zweiten Mal mit einem studentischen Organisationsteam die Teilnehmer der internationalen Konferenz. Foto: Natalia Hebel
Zwei Semester hatten die Studierenden des Kurses International Event Management auf dieses Ereignis hingearbeitet. Am Freitag, 14. November 2014, war es soweit: 350 Lehrende und Fachkräfte für Wirtschaftsenglisch und rund 20 Aussteller von namenhaften Verlagen reisten zur IATEFL-BESIG-Konferenz in Sankt-Augustin an. Schon im Jahr 2008 hatte IATEFL BESIG sich für die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg als Tagungsort entschieden. In über 90 Workshops und Vorträgen wurden bewährte Methoden, didaktische Ansätze, neue Materialien und technische Entwicklungen diskutiert und erprobt. Zu jeder Zeit standen die Studierenden, James Chamberlain und Regina Brautlacht vom Sprachenzentrum sowie zahlreiche Freiwillige, den Teilnehmern und Organisatoren unterstützend zur Seite.
Kontroverse Diskussionen und neue Forschungsfelder
Neben Diskussionen über monetäre Modelle für E-Learning-Plattformen, den Nutzen virtueller Teams sowie kulturelle Einflüsse auf Englisch als Weltsprache deckten die Lehrenden und Akademiker auch neue Forschungsfelder auf. „Über viele Gebiete haben ich und meine Kollegen nur Pseudowissen. Wir sollten interdisziplinäre Forschungsgruppen mit der Wirtschaft und Universitäten bilden, um zum Beispiel im Bereich Projektmanagement wissenschaftlich begründete Ansätze zu entwickeln“, erklärt Bob Dignen, Geschäftsführer der York Associates.
Auch Englisch-Coach Liz Jolliffe wünscht sich einen Umschwung in der Branche. „Es muss ein Paradigmenwechsel unter den Englischlehrenden stattfinden. Wir sollten nicht nur Lehrer, sondern auch Coaches sein. Wer richtig zuhört und die richtigen Fragen stellt, kann nicht nur sich selber reflektieren, sondern auch herausfinden, wer ist mein Student und was braucht er, um das Beste aus sich herauszuholen“, erklärt Jolliffe bestimmt.
Mangel an Festanstellungen und angemessenen Gehältern
„Unterrichten ist ein toller, aber wirklich schlecht bezahlter Job. Wir Freiberufler müssen von Semester zu Semester denken“, erzählt der Ire Dermot McKinney, der zurzeit an der Hochschule Ravensburg-Weingarten unterrichtet. Das Problem der sinkenden Vergütung sieht auch Cornelia Kreis-Meyer, IATEFL-BESIG-Eventkoordinatorin. „Insbesondere die Bezahlung der Freelancer ist in den letzten Jahren immer weiter gesunken. Wir bemerken, dass immer weniger selbständig Lehrende es sich leisten können, Networking- und Weiterbildungsevents wie die Besig-Konferenz zu besuchen“, merkt Kreis-Meyer besorgt an. Das diesjährige Förderprogramm für Lehrende aus Spanien und Portugal wurde aufgrund der anhaltenden Wirtschaftskrise nicht angenommen. Trotz stark reduzierter Teilnahmebeiträge und überschaubarer Reise- und Unterbringungskosten konnten sich weder spanische noch portugiesische Lehrende die Teilnahme leisten. Das IATEFL-BESIG-Komitee plant aufgrund dessen auch 2015 ein weiteres Förderungsprogramm, um Lehrkräfte zu unterstützen.
Regelungen für Zertifikate sind überholt
Die italienische Englischtrainerin Louise Goodman ist aus Mailand nach Sankt Augustin gekommen: „Ich muss wissen, was in der Branche passiert, um immer auf dem neuesten Stand zu bleiben und mich weiterbilden zu können.“ Mit viel Interesse verfolgt Goodman neue didaktische Ansätze wie die von Jennie Wright vorgestellten „High-order-thinking tasks“. Basierend auf dem Modell des Pädagogen Bloom, sollen die Schüler nicht nur verinnerlichen, verstehen und anwenden, sondern auch analysieren, evaluieren und selber kreieren. „Ich finde solche praktischen Ansätze, die zum kritischen Denken anregen, phantastisch, aber Kurse, die zum Beispiel auf das Cambridgezertifikat vorbereiten sollen, fördern alles, aber bestimmt nicht das kritische Denken“, merkt die Italienerin besorgt an. Sie fordert neue Modelle für die Zertifizierung von Wirtschaftsenglisch.
Unverzichtbares Event für Aussteller
Neben den großen Verlagen wie OUP, Macmillen und CUP nutzten auch kleinere Anbieter die Besig-Konferenz, um Kunden zu gewinnen. Charles Kipping vom Bournemouth English Book Centre, freut sich über die positive Resonanz: „Die Messebesucher freuen sich, dass man bei uns die Materialien direkt erwerben kann. Kundenkontakte in Deutschland aufzubauen, ist sehr wichtig für uns – Deutschland ist ein hart umkämpfter Markt.“ Auch die Konkurrenz durch Amazon macht dem seit vierzig Jahren aktiven Buchhandelsunternehmen große Probleme. Die Verlagsvertreter setzen auf ihr Fachwissen und ihre Beratung als Alleinstellungsmerkmal.
Die Irin Laura Edwards vertritt den Anbieter Telc, für sie ist es die erste IATEFL-BESIG-Konferenz. „Als Freiberuflerin sind solche Veranstaltung sehr wichtig, um Kontakte zu knüpfen. Ich treffe sonst kaum Kollegen, als Autorin bin ich viel auf mich allein gestellt“, erklärt Edwards, die in Düsseldorf lebt. Auch sie ist mit der Rückmeldung der Messebesucher sehr zufrieden und freut sich über die angenehme Stimmung auf der Konferenz.
Einsatz der StudierendenDie Motivation der Studierenden, das Projekt perfekt über die Bühne zu bringen, war überwältigend. Nach einem theoretischen Grundlagentraining im Sommersemester wurde das Wintersemester für die praktische Umsetzung genutzt. In Kleingruppen wurde von der Reservierung der Hotels, über die Messekoordination vor Ort, bis hin zu Brandschutzverordnungen und Kostenvoranschlägen jeder wichtige Baustein eigenhändig geplant. „Die Studierenden haben bewiesen, welches Potenzial in ihnen steckt. Mit wenigen Tipps und Anweisungen haben sie ein gigantisches Projekt professionell umgesetzt und viele neue Kompetenzen entwickelt“, berichtet Regina Brautlacht stolz. Auch Besig-Eventmanagerin Cornelia Kreis-Meyer ist voller Lob: „Die Arbeit der Studierenden war exzellent. Über das Wiki war ich ständig mit ihnen virtuell verknüpft. Ohne sie wäre eine stressfreie Konferenz nicht möglich gewesen.“
Campus Sankt-Augustin als Messestandort
Trotz des großen Erfolges ist es ungewiss, ob der Kurs International Event Management eine Ausnahme bleiben wird. Aufgrund struktureller und technischer Probleme ist anzuzweifeln, ob sich der Standort Sankt Augustin für weitere Großveranstaltungen dieser Form eignet. Fehlende technische Unterstützung am Wochenende und auch die mangelnde Stabilität des WLAN-Netzes brachte die Organisatoren und Studierenden an ihre Grenzen. Namenhafte Verlage mussten an ihren Ständen auf Internetzugriff verzichten. Ohne die Mühe unzähliger Freiwilliger und der Studierenden wäre ein reibungsloser Ablauf des Events nicht möglich gewesen.
Artikel vom 26.11.2014
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