Abschalten am Wochenende – Warum Erholung so wichtig ist
von Lukas Bädorf
Arbeit oder Grübeln in der Freizeit? Das ist nicht zwingend als negativ zu betrachten, sofern man dabei zu Ergebnissen kommt. Das haben Christine Syrek und Oliver Weigelt nun in ihren Studien bewiesen. Es wird geraten, Unerledigtes vor dem Urlaub zu erledigen, das steigere die Erholung langfristig auch nach dem Urlaub.

Christine Syrek gewann 2019 mit Oliver Weigelt den AOW-Innovationspreis. Foto: Lukas Bädorf
Der sechste AOW-Innovationspreis ging 2019 an Professorin Christine Syrek (Hochschule Bonn-Rhein-Sieg) und Oliver Weigelt (Uni Rostock). Mit ihrer Forschung zur psychologischen Wirkung unerledigter Aufgaben übertrugen sie alte Ideen in eine neue Zeit. Der Preis wird von der Gruppe für Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie (AOW) in der deutschen Gesellschaft für Psychologie verliehen.
In den vier aufeinanderfolgenden Studien forschten die beiden rund vier Jahre lang. In Zusammenhang mit bereits vorhandenen psychologischen Forschungsergebnissen, die bis in die 1920er Jahre zurückreichen, und im Hinblick auf die moderne Arbeitspsychologie gemäß dem Motto „always on“, wurden die erhobenen Daten wissenschaftlich ausgewertet. Jeweils in einem Zeitraum von drei Monaten wurde eine Personengruppe durch ein Onlinetagebuch befragt. Die ergänzenden Fragebögen bezogen sich, abhängig von der Studie, auf verschiedene Themen: Neben Erholungserfahrungen wurden auch Schlafqualität, Anzahl unerledigter Aufgaben und die Rumination (Grübeln) erfragt.
Grübeln wirkt sich auf unseren Schlaf aus
In der Studienserie gelang es Syrek und Weigelt, den „Zeigarnik-Effekt“ und Lewins Feldtheorie in die moderne Arbeitswelt zu übertragen. Der Zeigarnik-Effekt besagt, dass Unerledigtes besser erinnert werde, als bereits Erledigtes. Die Feldtheorie zeigt, dass Unerledigtes eine innere Anspannung auslöst.
Dies wird in den Studien bestätigt: Unerledigte Aufgaben wirken sich in Form von Grübeln auf die Schlafqualität aus, die Forscher unterscheiden hier zwischen zwei Arten des Grübelns: Das sorgenvolle Grübeln ist nicht produktiv und störe die Erholung sowie den Schlaf. Das problemlösende Grübeln trage zur Problemlösung bei und wirke sich sogar positiv auf die Erholung aus. Ähnliche Ergebnisse lieferte die zweite der vier Studien: Arbeit in der Freizeit ist dann als förderlich zu betrachten, wenn sie entlastende Fortschritte mit sich bringt.
Man muss sich auch mal freuen
Die dritte Studie zeigt, dass proaktives Verhalten (vorsorgliches, vorrausschauendes Handeln während der Arbeit) signifikant die Wirkung des sorgenvollen Grübelns hemmt. Es verstärke das eigene Kompetenzerleben.
Aus der vierten Studie ging hervor, dass sich das Wohlbefinden vor und nach dem Urlaub wellenartig verhält: Das Wohlbefinden steige in der Adventszeit kontinuierlich an und erreicht an Weihnachten seinen Höhepunkt, die Vorfreude verstärke diesen Effekt. Nach Weihnachten zeige sich deutlich, dass diejenigen, die weniger unerledigte Aufgaben mit in den Urlaub nahmen, deutlich länger von der Erholung profitierten.
Insgesamt erlauben die Forschungen einen neuen Blick auf die moderne Arbeitswelt, besonders in Bezug auf Arbeiten in der Freizeit.
Ausblick
Aber auch jetzt sind die Forschungen noch nicht am Ende: „In der kommenden Studie werden wir dem ‚blue monday‘ auf den Grund gehen“, so Christine Syrek. Außerdem haben die Forscher vor, nach Möglichkeiten zu suchen, um negative Effekte der unerledigten Aufgaben zu hemmen. Die App „Holidaily 2.0“ – Syrek wirkt hier maßgeblich mit – ist ein aktuelles Forschungsprojekt. Sie dient der Erholung vor, während und nach dem Urlaub. Der Nutzer wird durch kleine Übungen zu einer besseren Erholung angeregt. Sie ist seit 2018 gratis erhältlich.
Artikel vom 19.01.2020
Drucken
Leserbrief
Weitere Artikel