Das Pfand im Mülleimer – Sinn oder Unsinn
Interview: Dennis Weber
Magdalene Wiemeler ist 23 Jahre jung und studiert zurzeit den Master-Studiengang Wirtschaftspsychologie. Ihre Bachelor-Arbeit am Campus Rheinbach liefert Vorschläge zur Müllvermeidung. Doch woher rührt die Reaktanz gegenüber Mehrwegbehältnissen?

Magdalena Wiemeler benutzt sonst nur Mehrwegbecher. Foto: Dennis Weber
In Ihrer Bachelor-Arbeit hat Magdalena Wiemeler über nachhaltiges Verhalten und Maßnahmen zur Begünstigung am Beispiel der Nutzung von Pappbechern an der Hochschule geschrieben. Für die Arbeit hat sie eine Online-Umfrage unter den Studierenden durchgeführt.
doppelpunkt:
Deine Bachelorarbeit hat das Nutzungsverhalten in Bezug auf Pappbecher zum Thema. Wie kam es dazu?Magdalena Wiemeler: Aufgrund der Aktualität und einer Verkettung von Umständen. Ich interessiere mich sehr für Umweltpsychologie und in meinem Studienfach wurden solche Themen selten behandelt. Zuerst wollte ich mich mit der Rückgabe von Plastiktüten beschäftigen. Das ist aber schon erprobt und es gibt keinen Vorher-Nachher-Vergleich. So kamen meine Dozentin Christine Buchholz und ich auf das Pappbecher-Problem an der Hochschule.
doppelpunkt:
Was sind die größten Probleme?Wiemeler: Pappbecher bestehen zu 95 Prozent aus Pappe und sind zu 5 Prozent mit Polyethylen überzogen. Die Deutsche Umwelthilfe berichtet von insgesamt 320.000 Einwegbechern, die in Deutschland stündlich verbraucht werden. Ein weiteres Problem ist die einfache Handhabung: kaufen, trinken, wegwerfen. Man macht sich ja über einen Becher keine Gedanken. Landet dieser jedoch im Mülleimer, werden nützliche Rohstoffe verbrannt.
doppelpunkt:
Warum verwenden wir dann so selten Mehrwegbecher?Wiemeler: Viele der Studierenden wissen nicht, dass Porzellantassen verfügbar oder eigene Mehrwegbehälter benutzt werden können. Es fehlen Hinweise. Zudem sind Glas- und Porzellantassen nicht verschließbar, leicht zerbrechlich und somit ungeeignet für eine Vorlesung. Nach der Veranstaltung müssen die Tassen wieder zurückgebracht werden, zusätzliche Wege und Zeit sind erforderlich. Außerdem schließt die Cafeteria schon um 16 Uhr, was die Rückgabe einschränkt. Es sollte ein besseres oder zumindest funktionierendes Pfandsystem geben.
doppelpunkt:
Was ist mit den Pfandautomaten?Wiemeler: Die Automaten funktionieren manchmal nicht richtig
(lacht). Wendet man sich an die Cafeteria, heißt es, man sei dafür nicht zuständig, sondern ein externer Anbieter. Die Becher werden dann einfach weggeworfen oder auf die Automaten gestellt.
doppelpunkt:
Du schreibst in deiner Bachelor-Arbeit von einer Reaktanz gegenüber der Abschaffung von Plastikbechern. Kannst du mir das etwas genauer erklären?Wiemeler: Es gab viele, die vorgeschlagen haben, die Pappbecher einfach abzuschaffen. Zunächst wäre das gewöhnungsbedürftig, es würde sich aber schnell einpendeln. Wir Menschen sind ja auch Gewohnheitstiere. Das einzige Problem ist die fehlende Entscheidungsfreiheit.
doppelpunkt:
Hat dich eine Aussage überrascht?Wiemeler: Alle 204 Teilnehmer haben sich viel Mühe mit den Antworten gegeben. Es gab gute und konstruktive Vorschläge. Etwa, dass man einen Wettkampf zwischen den Campus in Rheinbach und Sankt Augustin macht. Welcher Campus hat in einem vorgegebenen Zeitraum wie viele Pappbecher gespart? Das könnte eine Motivation für alle Studierenden sein.
doppelpunkt:
Die Hochschule hat in ihrem Leitbild das Wort Nachhaltigkeit stehen. Was muss noch verbessert werden?Wiemeler: Am Campus Rheinbach gibt es zum Beispiel die „Healthy Week“, in der auf gesundes Essen geachtet wird. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber leider ist das Essen dann viel zu teuer. Des Weiteren fehlen Plakate oder Hinweisschilder in der Cafeteria, die den Studierenden zeigen: Hier gibt es auch Porzellantassen!
doppelpunkt:
Was bedeutet für dich Nachhaltigkeit?Wiemeler: An die nächste Generation zu denken und einen langfristigen Effekt zu erzielen. Ich denke, dass ich durch die Arbeit ein stärkeres Umweltbewusstsein entwickelt habe. Ich trenne zum Beispiel meinen Müll konsequent, muss aber zugeben, dass ich umweltbewusstes Handeln oftmals als zu aufwendig empfinde.
Artikel vom 06.07.2017
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