Das Interview führte Eva Tritschler
Professor Dietmar Fink bekam von der Universität Oxford den Status eines International Research Fellow. Foto: Eric Lichtenscheidt
Dietmar Fink: „Wir bauen unsere Forschung alle auf den gleichen Grundlagen auf. Das fördert die Anschlussfähigkeit und schafft ein konsistentes Forschungsklima.“
doppelpunkt: Welche Theorie ist das?
Dietmar Fink: Der Konstruktivismus. Das heißt, die Realität der Dinge, die wir im Kopf haben, ist nur ein subjektives Abbild der Wirklichkeit, das bei jedem Menschen aufgrund seiner Erfahrungen und seines Wissens anders aussieht.
doppelpunkt: Was bedeutet das für Ihren eigenen Forschungsgegenstand, die Unternehmensreputation, und wie kommt Reputation eigentlich zustande?
Fink: Auch die Reputation eines Unternehmens bildet sich in den Köpfen von Menschen. Sie basiert auf drei wesentlichen Komponenten: Vertrauen, Zutrauen und emotionaler Attraktivität. Es dauert, in allen Kategorien zu punkten, und man muss das Erreichte pflegen. Ist der Ruf ruiniert – wie zuletzt etwa bei BP –, dauert es lang, bis sich ein Unternehmen davon erholt.
doppelpunkt: Wie sah Ihr Einstieg an der Universität Oxford aus?
Fink: Man kann sich nicht bewerben, man wird eingeladen. Aber einen roten Teppich gibt es trotzdem nicht! Man muss sich mit einer neuen Forschungsarbeit beweisen. Nur wenn sie von den Kollegen als adäquat erachtet wird, erhält man den Status eines Visiting Fellow.
doppelpunkt: Was bedeutet das?
Fink: Das einzige, was zählt, ist die wissenschaftliche Leistung.
doppelpunkt: Wie wird Leistung gemessen?
Fink: Es ist recht beängstigend und funktioniert so: Einer präsentiert, ein anderer zerpflückt das Gesagte, daraufhin diskutiert das Auditorium die unterschiedlichen Aspekte.
doppelpunkt: Wie oft passiert das?
Fink: Das geschieht regelmäßig und bedeutet, man muss permanent Vollgas geben. Die Atmosphäre ist fordernd, leistungsbezogen und unglaublich motivierend. Kritik ist nie persönlich oder verletzend, sondern ausschließlich an der Sache orientiert. Aber das muss man erst einmal lernen.
doppelpunkt: Heute haben Sie an der Universität Oxford den Status eines International Research Fellow. Was bedeutet das?
Fink: Es ist eine große Ehre. Ich bin damit offizielles Mitglied der Fakultät, habe ein Büro und darf im Namen der Uni auftreten. Das Wichtigste aber ist der enge Austausch mit den anderen International Fellows, die vor allem aus den USA stammen, und mit den Doktoranden und Postdocs. Manchmal fühle ich mich fast schon von den Doktoranden betreut. Ich habe sehr hohen Respekt vor ihrer Leistung; die können wirklich sehr, sehr viel.
doppelpunkt: Worauf führen Sie das zurück?
Fink: Sie haben eine umfassende humanistische Bildung. Es ist schade, dass diese bei uns oft zu kurz kommt. Viele wichtige Gedanken entstehen erst auf dieser breiten Wissensbasis und nicht auf reinem Fachwissen. So entsteht Neues, das sich in eine fundierte Tradition einordnet.
doppelpunkt: Das Forschungssemester ist zu Ende, ein Modell für das Zustandekommen von Reputation von Beratungsunternehmen wurde entwickelt. Wie geht es weiter?
Fink: Den Kollegen in Oxford und in den USA reichen das Modell und seine Publikation. Ich hingegen bin nun mal Professor an einer Fachhochschule und sage: Das Projekt ist erst abgeschlossen, wenn Unternehmen das Modell in der Praxis annehmen und anwenden. Eine erste Unternehmensberatung konnten wir schon gewinnen.
doppelpunkt: Die Zusammenarbeit endet also?
Fink: Nein, glücklicherweise nicht. Mit den Kollegen in Oxford geht es in den nächsten drei Jahren um das Thema „Wandel von Reputation“.
Artikel vom 24.06.2011
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