von Christoph Vogels
Trotz ausgefeilter Technik von derartigen Keyless-go-Schlüsseln war es noch so einfach wie heute, ein Auto zu knacken. Foto: Christoph Vogels
Die üblichen Verschlusssysteme von Mittel- und Oberklasse Autos sind weitestgehend durch das oben genannte System ersetzt worden, so besitzen alle neueren Modelle der großen Automobilhersteller nun vermehrt „Keyless-Go-Systeme“. Das gewohnte Abschließen, Aufschließen oder Zünden eines Kraftfahrzeugs fällt somit fast komplett weg. Man benötigt nur noch den Schlüssel des jeweiligen Herstellers, der ein permanentes Signal zum Auto sendet, statt des herkömmlichen Schlüssels, der das Auto per Knopfdruck auf- und abschließt.
Dieses System arbeitet mit Reichweitensensorik auf bestimmten Frequenzgängen, sodass sich, wenn man sich dem Auto mit dem Schlüssel in der Hosentasche auf wenige Meter nähert, die Türen automatisch öffnen lassen, ohne das Auto vorher mit einer Fernbedienung aufgeschlossen zu haben. Im Fahrzeuginneren muss lediglich der Start/Stopp-Knopf zum Zünden des Fahrzeugs betätigt werden.
Die Täter agieren zunächst aus sicherem Abstand
Aber bietet dieses System die nötige Sicherheit, die es gewährleisten soll? Die Antwort ist offen, da sich solch ausgestattete Fahrzeuge zwar nicht mehr auf herkömmliche Weise aufbrechen lassen, es jedoch neue Technologien zum Blockieren des Systems auf dem Schwarzmarkt gibt. Solche Systeme stören entweder die Frequenz, auf der der Autoschlüssel sendet, sodass das Fahrzeug nicht abgeschlossen werden kann und Dieben offen steht, oder die Reichweite des Signals wird mittels eines Verstärkers auf bis zu 400 Meter vergrößert. Der Dieb muss nur noch die Frequenz kennen, auf der der Schlüssel sendet. Diese ist jedoch durch das Internet leicht zu ermitteln, eine Ausstattung zum Hacken eines Fahrzeugs kann man dort ebenfalls beschaffen.
Sicherheitslücken von Autos finden sich auch in ihrer Software, die sich auf denselben Wegen angreifen lässt wie jede andere. Eine Schwachstelle ist hier oft der Zugriff auf das Internet durch das Navigationsgerät und die Unterhaltungselektronik. Dieser Zugang ermöglicht theoretisch einen Angriff aus der Ferne.
Kontrollverlust möglich
So ist es Anfang Juli dieses Jahres Hackern in den USA gelungen, einen Jeep in voller Fahrt unter ihre Kontrolle zu bringen. Zunächst spielten nur Klimaanlage und Radio verrückt, dann gingen die Scheibenwischer an und das Gaspedal versagte. Auch die Bremsen konnten vollständig übernommen werden. In diesem Fall war das Infotainmentsystem mit Anbindung zum Internet die Schwachstelle des Fahrzeugs. Darüber konnten die Hacker tiefer zur Steuerungssoftware des Fahrzeugs vordringen und diese umprogrammieren. Selbst der Motor konnte daraufhin abgestellt werden.
Technische Lösung dieser Schwachstelle ist laut Professor Gunnar Stevens, die Trennung beider Systeme. Nicht nur auf Softwarebasis, sondern auch physikalisch. Internetanbindung von Fahrzeugen kann heute zwar noch vermieden werden, die Fahrzeuge in zehn Jahren werden jedoch sicher Internetzugang haben. „Fahrzeug-Updates aus dem Netz zu beziehen wird preiswerter sein, als das Update in der Werkstatt durchführen zu lassen“ , ist Stevens überzeugt. Auch Keyless-Go werde es weiter geben, da der Mehrwert für den Kunden größer sei als die derzeitige Diebstahlquote dieser Fahrzeuge.
Artikel vom 19.02.2016
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