von Hartwig Röper
Polizisten reparieren den Eingang der gestürmten Wohnung, nachdem die Tür beim Zugriff Schaden genommen hatte. Foto: Hartwig Röper
„Es war ein Anschlag“, dachte Tanja P. (Name geändert), die nach der Explosion direkt auf ihren Balkon geeilt war. Ihr Schreck wurde noch größer, als sie in der Dunkelheit plötzlich bewaffnete Männer in Kampfmontur und Sturmmasken sah: „Ich dachte, da soll jemand entführt werden“, sagte sie hinterher immer noch erschrocken. Sie solle sofort wieder reingehen, riefen ihr die Männer zu, die keine Entführer waren, sondern sich als Polizisten eines Sondereinsatzkommandos vorstellten.
Unterstützer des Islamischen Staates (IS) waren Ziel des Zugriffs
Die Durchsuchung wurde durchgeführt, weil ein Bewohner des Studentenwohnheims im Verdacht steht, die Terrororganisation IS zu unterstützen. Laut Bundesanwaltschaft soll der Verdächtigte Kassem El R. verantwortlich sein für die Lieferung von rund 7500 Stiefeln, 6000 Militärparkas und 100 Militärhemden im Wert von über 130.000 Euro. Ein schwerwiegender Vorwurf, der mit Gefängnisstrafe bis zu zehn Jahren bestraft werden kann.
Die Razzia war nicht nur auf Bonn beschränkt. Im Rahmen einer bundesweiten Aktion gegen Unterstützer des IS wurden in ganz Deutschland gleichzeitig Wohnungen durchsucht und zwei Verdächtige festgenommen.
Das Zusammenleben war immer friedlich
Die Bewohner des Wohnheims am Jagdweg sind immer noch verunsichert. „Mit sowas hätten wir nie im Leben gerechnet“, sagt Tanja P. Der festgenommene Kassem habe zwar zurückgezogen gelebt, aber hin und wieder auch an Wohnheimveranstaltungen teilgenommen wie zum Beispiel beim gemeinsamen Fußballgucken während der letzten Weltmeisterschaft. Weiter führt sie aus: „Das Wichtigste ist, dass wir jetzt keinen Pauschalverdacht aussprechen. Das Zusammenleben im Studentenwohnheim am Jagdweg war immer außergewöhnlich gut, und das soll auch so bleiben.“
Artikel vom 24.10.2014
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