Tipps bei Belästigung und Mobbing
von Melanie Garofalo und Selina Stiegler
Sexuelle Belästigung und Mobbing sind keine seltenen Themen. Viele Menschen sind davon betroffen, aber nicht jeder vertraut sich anderen an oder wehrt sich. Was Betroffene tun sollten und wie Außenstehende helfen können. Schweigen ist jedenfalls der falsche Ansatz. An der Hochschule gibt es mehrere Anlaufstellen, wo Betroffene Hilfestellung erhalten.
Mit überdurchschnittlich häufiger sexueller Belästigung und Stalking müssen sich laut einer EU-Studie in Zusammenarbeit mit der Universität Oldenburg besonders Studierende auseinandersetzen. Aber was kann ein Betroffener eigentlich tun, wenn er belästigt oder beleidigt wird?
Es ist tatsächlich schwer zu sagen, wann genau sexuelle Belästigung oder Mobbing beginnen, denn dies wird von jedem Menschen unterschiedlich beurteilt. Hat man das Gefühl, dass eine andere Person sich gegenüber einem selbst unangemessen verhält, sollte man dies sofort äußern. Dabei ist es wichtig, auf sein Bauchgefühl zu hören und es nicht zu ignorieren. Oft haben Betroffene Angst vor der direkten Konfrontation, weil sie ihrem Gefühl nicht trauen und glauben, zu übertreiben oder falsch zu interpretieren.
Die betroffene Person sollte all ihren Mut zusammennehmen und bei einer Auseinandersetzung mit dem Täter Sätze in Ich-Form formulieren. Die Ich-Botschaften wirken in der Regel deeskalierend und stellen eine gewaltlose Art der Konfrontation dar, die dem Täter die Möglichkeit gibt, mit einer Entschuldigung statt mit einer Aggression zu reagieren oder einen Rückzieher zu machen.
Sollte der Täter allerdings nichts an seinem Verhalten ändern, aggressiv reagieren oder den Betroffenen immer wieder unangemessen verbal oder physisch angreifen, sollte man sich einer vertrauten Person mitteilen. Dieser Schritt ist für Opfer von Mobbing oder sexueller Belästigung nicht einfach – die Hilfe von anderen kann aber sehr entlastend und befreiend wirken. Eine außenstehende Person kann helfen, die Situation besser einzuschätzen und weitere Schritte gegen den Täter einzuleiten. Auch eine Art „Tagebuch“ über Belästigungen kann hilfreich sein, um die Geschehnisse zu verarbeiten, sich in der Sache sicherer zu werden und sich besser zu fühlen.
Nicht wegsehen
Beobachter sollen aktiv eingreifen, wenn sie sexuelle Belästigungen oder Mobbing mitbekommen, sonst machen sie sich mitschuldig. Der amerikanische Blogger Cliff Pervocracy hat es mit seiner Metapher „Missing Stair“ („Fehlende Treppe“) deutlich gemacht: Die Metapher bezieht sich auf eine fehlende Treppe in einem Haus, an die sich die Bewohner gewöhnt haben. Die Bewohner stört das Fehlen der Treppe nicht mehr, weil sie gelernt haben, mit diesem Problem umzugehen und versuchen, es so gut es geht zu ignorieren. Besucher muss man jedoch vor der fehlenden Treppe warnen, da sie sonst Gefahr laufen, zu stürzen und sich schwer zu verletzen.
Diese fehlende Treppe im Haus symbolisiert die beleidigenden oder übergriffigen Taten einer Person, die innerhalb einer Gruppe verharmlost oder ignoriert werden, weil sie als Gewohnheit gelten. Außenstehende, die dies nicht wissen, können auf große Probleme treffen und möglicherweise auf das Unverständnis derjenigen stoßen, die sich darüber keine Gedanken mehr machen.
Als Beobachter steht jeder in der Verantwortung für den Schutz des Opfers und sollte Personen, deren unpassendes Verhalten von der Gemeinschaft ignoriert oder entschuldigt wird, unbedingt ansprechen und melden. Viele sexuelle Gewalttaten werden nicht aufgedeckt, weil Betroffene sich nicht trauen, Hilfe zu suchen, und Beobachter die Tat einfach ignorieren. Betroffene selbst sollten auf die Person aufmerksam machen, die sie belästigt, auf sie zugehen und versuchen, bei anderen Unterstützung zu suchen.
Anlaufstellen aufsuchen
Die Hochschulen könnten hier noch mehr Einsatz zeigen. Zu Beginn jedes Semesters werden zahlreiche fachspezifische Informationsveranstaltungen angeboten, aber auch das Thema „Sexuelle Gewalt und Mobbing“ sollte auf der Tagesordnung stehen. Gemeinsam mit Sozialarbeitern von Beratungsstellen und Rechtsbeiständen, die auf dieses Thema spezialisiert sind, können wichtige Hinweise und wertvolle Tipps an Betroffene und Beobachter weitergegeben werden, die es erleichtern, Erfahrungen auszutauschen oder das Schweigen über das Erlebte zu brechen.
Anlaufstellen für Studierende im Fall von Mobbing, sexueller Gewalt oder Stalking:
• Gleichstellungsbeauftragte Annegret Schnell, Campus Sankt Augustin Raum E 025, Tel. 02241 865-268, E-Mail gleichstellungsbeauftragte@h-brs.de
• Psychologische Beratungsstelle des Studierendenwerks Bonn, Tel. 0228 737106, E-Mail pbs@studierendenwerk-bonn.de
• Beratungsstelle „HELP“, Tel. 02241 865-652, E-Mail barbara.michel@h-brs.de
Artikel vom 12.01.2020
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