von Helen Arnold
Er versprach, Ulf eine Wohnung zu besorgen. Zu allem Übel von Ulfs’ Mama lag die in Neukölln: „Da sind doch immer Schlägereien und die ganzen Ausländer wohnen da.“ Ulfs’ Mama hatte große Angst, aber Ulf fühlte sich gleich wohl: „Von Anfang an wurde ich von der Neuköllner Mädels-WG sehr lieb aufgenommen.“
"Karneval der Kulturen"
An seinem ersten Wochenende in Berlin war Ulf beim „Karneval der Kulturen“. Und in Berlin war alles ganz anders als in Sankt Augustin: Ulf war sehr betrunken, die Leute waren alle so nett und dieses „Multi-Kulti-Ding“ gefiel ihm super. Denn trotz aller Vorurteile verstanden sich bei diesem Fest alle Kulturkreise super und es interessierte niemanden, wer hier mit wem knutscht – „Nicht so wie zu Hause, da weiß sofort am nächsten Tag jeder alles von dir.“
Neugewonnene Heimat
Und das empfand Ulf keineswegs als anonym, dank „seiner“ Mädels fühlte er sich nämlich sogar in der Ferne total heimisch. Und so kam es, dass Ulf in Berlin blieb – und das, obwohl die Berliner geografisch nicht so bewandert sind: „Sankt Augustin, watt isn ditte? Der is heilich, wa?“, ist die Reaktion der Großstadtkinder auf die Angabe seiner Heimatstadt.
Andere Gegend, andere Sitten
Ulf bleibt in der Karl-Marx-Straße in Neukölln, kauft sich morgens jetzt Schrippen und wird sicher auch noch lernen, wie das mit der Uhrzeit funktioniert. Dann kommt er auch nicht mehr zu spät zur Arbeit, wenn seine Bahn um Dreiviertelacht fährt.
Helen Arnold studiert Technikjournalismus im 6. Semester und absolviert ihr Praxissemester derzeit in Berlin. Und stammt aus Berlin.
Artikel vom 29.05.2008
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