Die Kehrseite der Silbermedaille
Von Susanne Patt-Bohlscheid
Wenn es nach mir gegangen wäre, hieße der doppelpunkt: "BluePoints"; das war mein Vorschlag beim Namenswettbewerb für unsere Hochschulzeitung – immerhin erreichte ich einen preisverdächtigen zweiten Platz. Da die Siegerin den ersten Preis, einen Rundflug in einem Segelflugzeug, nicht wollte, haben wir kurzerhand getauscht. Wäre ich doch nur beim Choreographischen Theater geblieben!
Im ersten Jahr gab es nie gleichzeitig Sonne und Zeit, oder es war zu viel los auf dem Flugplatz. So dauerte es ein weiteres Jahr, bis ich den Gutschein des Preisspenders AkaFlieg Bonn einlösen konnte. Im August 2002 klappte es endlich, und ich fuhr gen Hangelar. Am Minitower wurde ich abgeholt, und mit einem Uraltkäfer zogen wir das Seil von der Winde zum Startplatz. Das Seilrückholfahrzeug heißt übrigens Leppo, das habe ich mir noch gemerkt.
Und nun machte die bisher empfundene freudige Erregung einem mulmigen Gefühl Platz: Ob das Seil wohl hält? Die Flugzeuge werden ja ziemlich senkrecht hochgezogen. Schlimmer als bei der Kirmes. Der nette Mensch von AkaFlieg schwärmte jedoch in den höchsten Tönen vom Schweben über dem Dasein, und ich bemühte mich, die negativen Gedanken zu verdrängen. Endlich stieg ich dann in einem Doppelsitzer in den blauen Himmel. Warum denke ich bloß an "Achterbahn" von den Bläck Fööss? Flaues Gefühl, Magen rutscht runter, Schweiß auf der Stirn und bald nicht nur dort. Angst? Ja, auch Angst. Jetzt bloß zusammenreißen, nix anmerken lassen und überstehen.
Es ging im Bogen über Sankt Augustin Richtung Siegburg, und nach kurzer Zeit habe ich nicht mehr in die weite Welt, sondern nur noch auf meine Knie gestarrt und wurde immer einsilbiger. Der Pilot konnte mich auch nicht mehr aufmuntern. Nach einer Dreiviertelstunde landeten wir wieder auf dem Flugplatz. Mit Knien wie Butter, durchgedrehtem Magen und schweißgebadet schwor ich mir "Nie wieder!" und gönnte mir erst mal einen Schnaps.
Artikel vom 23.06.2003
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