Von Udo Scheuer
Bislang waren, zumindest unter Fans der unterlegenen Mannschaft, geistige oder körperliche Gebrechen gängige Erklärung für die Leistungen des Mannes, den man „Den Unparteiischen“ zu nennen pflegte. Jetzt zeichnet sich eine weitaus profanere Deutung ab. „Am Gelde hängt, zum Gelde drängt doch alles!“, wusste schon Goethe. Dies erinnert uns an das bislang wenig beachtete Faktum, dass der Tabellenrang der deutschen Elitekicker in etwa mit der Platzierung der deutschen Wirtschaft auf der Korruptionsrangliste von Transparency International korrespondiert.
Häufig erklingt in deutschen Stadien, von der Kreisliga bis zu den Profi-Arenen, der Ruf „Schiedsrichter!Telefon!“. Er galt bis dato als sachdienlicher Hinweis des Ausrufers, dass der Schiedsrichter im Interesse eines flüssigen Spielablaufs das Feld verlassen möge. Heute werden wir nachdenklich. Wer ist am Telefon? Der Anlageberater des Schiedsrichters? Sein Buchmacher?
Vermutlich muss die Fußballgeschichte neu geschrieben werden. „Toppi“ Toppmöller reklamiert seinen Trainerjob, der HSV Schadensersatz für die Pokalblamage gegen Paderborner Amateure. Die ersten Rufe ertönen, die Umstände des Wembley-Tores von 1966 zu klären. War der russische Linienrichter ein Zocker? Aber es ist Vorsicht geboten. Hinterbliebene der ungarischen WM-Mannschaft von 1954 sollen eine Klage gegen den englischen Unparteiischen vorbereiten, der kurz vor Ende des Finales einem Tor von Puskas wegen Abseitsstellung die Anerkennung versagt hatte. Wir sind entschieten dagegen!
Artikel vom 25.01.2005
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