Wieso nur rauchfrei?
von Eva Tritschler
Raucher haben es wirklich nicht leicht. Im öffentlichen Raum müssen sie in genau abgegrenzten Flächen – manchmal überdacht, manchmal ohne Regen- oder Sonnenschutz – ihr Zigarettenpäckchen nach und nach leeren, um ihrem Körper und ihrer Psyche das zu geben, wonach sie lechzen: Nikotin.
Moment! Psychisch und physisch abhängig? Nikotinabhängigkeit oder – umgangssprachlich – Rauchen ist eine anerkannte Suchtkrankheit. Der Gesetzgeber hat zwar schon vor Jahren die Qualmerei in öffentlichen Gebäuden und Kneipen untersagt. Zum Schutz der Nichtraucher, heißt es. Jeden anderen Kranken würde man nun zum Arzt schicken, damit sich die Gesunden nicht mit deren Viren oder Bakterien anstecken. Aber die „normal Kranken“ schwemmen halt kein Steuergeld in die Kasse. Deswegen Raucherecken, und die Steuergelder fließen zügig weiter: auf die Sucht ist eben Verlass.
Bei der Alkoholsucht ist man den Kranken weniger zugetan. Die Auswirkungen, wenn jemand seinem Suchtdruck nachgegeben hat, können etwa beim Autofahren oder beim Familienstreit natürlich wesentlich schlimmer sein als beim Rauchen. Aber selbst der stille Säufer findet wenig Unterstützung, und ist er noch so genügsam. Müsste es außerhalb öffentlicher Gebäude deshalb nicht auch mehr oder weniger gepflegte Trinkerecken geben? Und wie wäre es mit Automaten für Bier oder Schnaps? Statt Aschenbecher stehen dort Glascontainer, Flaschenöffner und Kisten für Pfandflaschen. Die heimliche Sauferei im Büro hätte ein Ende, und die Gruppen anonymer Alkoholiker hätten ausgedient. Der Abstand zu den Raucherecken müsste allerdings groß genug sein, damit die Trinker nicht noch durch herüberschwebenden Qualm zu Schaden kommen.
Nur eine einzige Suchtgruppe ist wahrhaft gut versorgt: die Workaholics. Sie alleine können ihrer Sucht in gepflegten, trockenen und geheizten Büros nachgehen, häufig mit bequemer Möblierung. Aber die steigern ja auch das Bruttosozialprodukt. Jedenfalls bis zum Burn-out. Dann ist auch hier Schluss mit Feuer.
Artikel vom 22.08.2018
Drucken
Leserbrief
Weitere Artikel