Keine Jubelfeier, aber auch keine Krise
Kaum etwas ist trauriger als ein leergefegter Campus. Die Hoffnung liegt nun auf einer Balance zwischen Digitalisierung und sozialer Nähe und in Zukunft dem Besten aus beiden Welten.
von Hochschulpräsident Hartmut Ihne
2020 ist die Hochschule Bonn-Rhein Sieg so alt geworden, wie viele ihrer Studierenden: 25 Jahre. Diesen besonderen Geburtstag wollten wir alle zusammen in verschiedenen Veranstaltungen feiern. Bedingt durch die Corona-Pandemie kam alles anders. Der Festakt musste abgesagt und verschoben werden. Die neuen Studierenden konnten nicht in Präsenz begrüßt und die Absolventinnen und Absolventen nicht verabschiedet werden. Der Campus – eigentlich ein Ort der Begegnung und des gemeinsamen Lernens – wirkte plötzlich wie leergefegt.
Das Wort „Krise“ war in aller Munde. Doch schon Max Frisch sagt: „Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihm nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.“ So haben wir die Herausforderungen angenommen und als Chance verstanden. Für uns war die „Krise“ ein Katalysator für Innovationen, insbesondere im Bezug auf die Entwicklung in der Digitalisierung. Von flexiblen Arbeitszeitmodellen, neuen digitalen Lehr- und Lernstrategien und -formaten, digitalen Prüfungen oder speziellen Serviceangeboten – die Hochschule war gezwungen, in nur wenigen Wochen zu reagieren.
Nicht alles lief von Beginn an perfekt, aber insgesamt können wir mit diesen außergewöhnlichen Semestern zufrieden sein. Dies haben wir nur geschafft, weil wirklich alle Akteure der Hochschule zusammengearbeitet haben. Teamgeist und ein unermüdliches Engagement waren hier die entscheidenden Treiber für diese positive Entwicklung. Nun gilt es, auch die Herausforderungen auf der individuellen und sozialen Ebene anzugehen, denn eingeschränkte soziale Kontakte zu Kommilitoninnen und Kommilitonen sowie Kolleginnen und Kollegen, Motivationsprobleme und Konzentrationsschwierigkeiten beim Lernen ohne den Austausch mit anderen, aber auch eine erhöhte Arbeitslast bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind der Preis, den wir für den gelungenen digitalen Organisationsbetrieb oft bezahlen müssen.
Deswegen ist es unser Ziel für 2021, eine gesunde Balance aus Digitalisierung und Abstand auf der einen und sozialer Nähe und Präsenz auf der anderen Seite zu finden. Gestärkt und erfahren nehmen wir die Lehren mit, die uns die letzten Monate gebracht haben – wir sind gut vorbereitet auf eine vielleicht digitalere Hochschulwelt als je zuvor, aber wir sind auch voller Mut, dass sich die Zeiten wieder ändern werden und wir dann das Beste aus Digitalisierung und Präsenz für unser Hochschulleben auswählen können.
Ich wünsche allen ein erfolgreiches Semester!
Artikel vom 05.04.2021
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